Gîtâ Satsang
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DIE BHAGAVADGÎTÂ
S. RADHAKRISHNAN[1]
„Ich versenke mich in dich, o Mutter, o Bhagavadgîtâ,
heilige, die du vom erhabenen Nârâyana selbst dem Arjuna verkündet wurdest, von
Vyâsa, dem alten Weisen, inmitten des Mahâbhârata niedergegeschrieben wurdest,
aus achtzehn Kapiteln bestehst, den Nektar nichtzweiheitlichen Wissens
träufelst, die Wiedergeburt vernichtest.[2]“
„Dieses berühmte Gîtâsâstra ist eine Zusammenfassung des
Wesentlichen aller vedischen Lehren. Die Kenntnis ihrer Lehre führt zur Verwirklichung
aller menschlichen Bestrebungen.[3]“
„In der Bhagavadgîtâ finde ich einen Trost, den ich
selbst in der Bergpredigt vermisse. Wenn mir manchmal die Enttäuschung ins
Antlitz starrt, wenn ich, verlassen, keinen Lichtstrahl erblicke, greife ich zur
Bhagavadgîtâ. Dann finde ich hier und dort eine Strophe und beginne alsbald zu
lächeln inmitten aller niederschmetternden Tragödien – und mein Leben ist voll
von äußeren Tragödien gewesen. Wenn sie alle keine sichtbare, keine untilgbare
Wunde auf mir hinterlassen haben, verdanke ich dies den Lehren der
Bhagavadgîtâ“ (Mohandas Karamchand Gândhi, Young India, 1925, S. 1078 f.).
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
INTRODUCTION IN ENGLISH
by Dr. Ramananda Prasad, Ph.D.
The Gita is a doctrine
of universal truth. Its message is universal, sublime, and non-sectarian
although it is a part of the scriptural trinity of Sanaatana Dharma, commonly
known as Hinduism. The Gita is very easy to understand in any language for a
mature mind. A repeated reading with faith will reveal all the sublime ideas
contained in it. A few abstruse statements are interspersed here and there but
they have no direct bearing on practical issues or the central theme of Gita.
The Gita deals with the most sacred metaphysical science. It imparts the
knowledge of the Self and answers two universal questions: Who am I, and how
can I lead a happy and peaceful life in this world of dualities. It is a book
of yoga, the moral and spiritual growth, for mankind based on the cardinal
principles of the Hindu religion.
The message of the Gita
came to humanity because of Arjuna’s unwillingness to do his duty as a warrior
because fighting involved destruction and killing. Non-violence or Ahimsa is
one of the most fundamental tenets of Hinduism. All lives, human or non-human,
are sacred. This immortal discourse between the Supreme Lord, Krishna, and His
devotee-friend, Arjuna, occurs not in a temple, a secluded forest, or on a
mountain top but on a battlefield on the eve of a war and is recorded in the
great epic, Mahaabhaarata. In the Gita Lord Krishna advises Arjuna to get up
and fight. This may create a misunderstanding of the principles of Ahimsa if
the background of the war of Mahaabhaarata is not kept in mind. Therefore, a
brief historical description is in order.
In ancient times there
was a king who had two sons, Dhritaraashtra and Paandu. The former was born blind, therefore, Paandu inherited the kingdom. Paandu
had five sons. They were called the Paandavs. Dhritaraashtra had one hundred sons. They were called the Kauravs. Duryodhana was the eldest of the Kauravs.
After the death of king
Paandu, the eldest son of Paandu
became the lawful King. Duryodhana was a very jealous person. He also wanted
the kingdom. The kingdom was divided into two halves between the Paandavs and the Kauravs. Duryodhana was not satisfied with his share
of the kingdom. He wanted the entire kingdom for himself. He unsuccessfully
planned several foul plots to kill the Paandavs and
take away their kingdom. He unlawfully took possession of the entire kingdom of
the Paandavs and refused to give back even an acre of
land without a war. All mediation by Lord Krishna and others failed. The big
war of Mahaabhaarata was thus inevitable. The Paandavs
were unwilling participants. They had only two choices: Fight for their right
as a matter of duty or run away from war and accept defeat in the name of peace
and nonviolence. Arjuna, one of the five Paandava brothers, faced the dilemma in the battlefield
whether to fight, or run away from war for the sake of peace.
Arjuna’s dilemma is, in
reality, the universal dilemma. Every human being faces dilemmas, big and small,
in their everyday life when performing their duties. Arjuna’s dilemma was a big
one. He had to make a choice between fighting the war and killing his most
revered guru who was on the other side, very dear friends, close relatives, and
many innocent warriors; or running away from the battlefield for the sake of
preserving the peace and nonviolence. The entire
seven hundred verses of the Gita is a discourse between Lord Krishna and the confused
Arjuna on the battlefield of Kurukshetra near
1. Arjunas Zaudern und
Niedergeschlagenheit
Dhrtarâstra sagte: Was taten, o Samjaya, die Meinen und
die Pândavas, da sie kampfbegierig sich auf dem Felde des Rechtes, dem
Kuru-Felde, gegenübertraten? (01.01
DIE
ZWEI HEERE
Samjaya sagte: Nachdem Duryodhana, der König, das in
Schachtordnung aufgestellte Heer der Pândavas erblickt hatte, ging er zu seinem
Lehrer hin und sprach: (01.02)
Sieh, o Lehrer, das riesige Heer der Pândusöhne, das der
Sohn Drupadas, dein weiser Schüler, augestelt hat. (01.03)
Da sind Helden, großmächtige Bogenschützen, die dem Bhîma
und dem Arjuna im Kampfe gleichen: Yuyudhâna, Virâta und Drupada, der gewaltige
Krieger. (01.04)
Dhrstaketu, Cekitâna und der tapfere König von Kâsi,
ferner Purujit, Kuntibhoja und Saibya, der erste aller Männer. (01.05)
Der starke Yudhâmanyu und der kühne Uttamaujas, dann der
Sohn der Subhadrâ un die Söhne der Draupadi, alle große Krieger. (01.06)
Höre nun, o bester der Zweimalgeborenen, welche
hervorragenden (Männer) unter uns die Führer meines Heeres sind. Ich will sie
dir nennen, damit du unterrichtet bist. (01.07)
Du selbst, Bhîsma und Karna und Krpa, der Kampfgewinner;
Asvatthâman, Vikarna und der Sohn des Somadatta. (01.08)
Und viele andere Helden, die meinetwillen ihr Leber aufs
Spiel gesetzt haben; sie sind mit den verschiedensten Waffen ausgerüstet und
alle kampferfahren. (01.09)
Unbegrenzt ist diese unsere Heeresmacht, die von Bhîsma
geleitet wird, begrenzt jedoch jene Heeresmacht der anderen, die von Bhîma
geleitet wird. (01.10)
Euren Rängen entsprechend an allen Fronten aufgestellt,
sollt ihr daher den Bhîsma unterstüten. (01.11)
DAS
ERTÖNEN DER MUSCHELHÖRNER
Um ihn aufzumuntern, brüllte der alte Kuru, der tapfere
Großvater, laut wie ein Löwe und blies seine Muschel. (01.12)
Dann wurden plötzlich Muscheln, Kesselpauken, Tamburins
und Hörner angeschlagen, und der Lärm war gewaltig. (01.13)
Auf ihrem an weiße Rosse gespannten, großen Wagen
stehend, bliesen Kŗşna und Arjuna ihre himmlischen Muscheln. (01.14)
Kŗşna blies seine Pâncajanya (-Muschel), Arjuna
seine Devadatta, und Bhîma, der schreckliche Taten Vollbringende, seine
mächtige Muschel Paundra. (01.15)
Fürst Yudhisthira, der Sohn der Kunti, blies seine
Ananta-vijaya, und Nakula und Sahadeva bliesen auf ihren beiden (Muscheln)
Sughosa und Manipuspaka. (01.16)
Und der König von Kâsi, das Haupt der Bogenschützen,
Sikhandin, der große Krieger, Dhrstadyumna und Virâta und der unbesiegbare
Sâtyaki, (01.17)
Drupada und die Söhne der Draupadi, o Herr der Erde, und
der starkarmige Sohn der Subhadrâ, sie bliesen auf allen Seiten jeder seine
Muschel. (01.18)
Das gewaltige, durch Himmel und Erde widerhallende Tosen
zerriß die Herzen der Söhne Dhrtarâstras. (01.19)
ARJUNA
ÜBERBLICKT DIE BEIDEN HEERE
Dann blickte Arjuna, der einen Affenschopf im Banner
trug, auf die in Schlachtordnung aufgestellten Söhne des Dhrtarâstra und
richtete seinen Bogen auf, als der Pfeilhagel einsetzte. (01.20)
Und er sprach, o Herr der Erde, dieses Wort zu Hrsikésa
(Kŗşna): O Acyuta (Kŗşna), fahre meinen Wagen zwischen die
beiden Heere, (01.21)
Damit ich jene schaure, die sich kampfeslustig aufgestellt
haben, mit welchen ich in dieser Schlacht zu streiten habe. (01.22)
Ich will sie sehen, die hier kampfbereit zusammengekommen
sind und in der Schlacht vollbringen wollen, was dem übelgesinnten Sohn des
Dhrtarâstra lieb ist. (01.23)
Nachdem er so von Gudâkesa (Arjuna) angesprochen worden
war, o Bhârata (Dhrtarâstra), fuhr Hrsîkésa (Kŗşna) den besten der
Wagen zwischen die beiden Heere. (01.24)
Vor Bhîsma, Drona und allen Fürsten sagte er: Erblicke
hier, o Pârtha (Arjuna), die versammelten Kurus! (01.25)
Da sah Arjuna, daß dort Väter und Großväter, Lehrer,
Onkel, Brüder, Söhne, Enkel und Gefährten standen. (01.26)
Und Schwiegerväter auch, und Freunde, in beiden Heeren.
Als der Sohn der Kunti (Arjuna) alle diese Verwandten dort aufggestellt sah,
überkam ihn großes Mitleid, und traurig sagte er: (01.27)
DIE
BETRÜBNIS DES ARJUNA
Wenn ich, o Kŗşna, meine eigenen Leute
kampfbereit aufgestellt sehe, (01.28)
Beben meine Lippen, mein Mund wird trocken, mein Körper zittert,
und meine Haare sträuben sich. (01.29)
(Der Bogen) Gândiva gleitet aus meiner Hand, und meine
Haut brennt heftig. Ich vermag nicht mehr zu stehen. Es schwindelt mir. (01.30)
Und ich sehe böse Vorzeichen, o Kesava (Kŗşna),
und ich finde kein Heil darin, meine eigenen Leute in der Schlacht zu töten.
(01.31)
Ich begehre nicht nach Sieg, o Kesava, auch nicht nach
Königsherrschaft und Freuden. Welchen Nutzen haben wir denn vom Königtume, o
Govinda, von den Genüssen, oder von Leben selbst? (01.32)
Jene, um deretwillen Königsherrschaft, Genüsse und
Freuden uns begehrenswert erscheinen, stehen hier im Kampfe gegenüber und haben
auf Leben und Güter verzichtet. (01.33)
Lehrer, Väter, Söhne und Großväter auch, Onkel,
Schwiegerväter, Enkel, Schwager und (andere) Verwandte. (01.34)
Wenngleich sie selbst mich töten würden, o Madhusûdana
(Kŗşna), möchte ich diese nicht töten, und wäre es für die Herrschaft
über die drei Welten; wieviel weniger für die Erde! (01.35)
Welche Freude, o Kŗşna, könnte uns zuteil
werden, nachdem wir die Söhne Dhrtarâstras erschlagen haben? Nur die Sünde
würde uns befallen, wenn wir diese Übelgesinnten töteten. (01.36)
Darum ziemt es uns nicht, die Söhne Dhrtarâstras, unsere
eigenen Verwandten, zu töten; denn wie könnten wir je glücklich werden, o
Mâdhava (Kŗşna), nachdem wir unsere eigenen Leute getötet haben?
(01.37)
Wenn auch jene, deren Sinn von Gier gehemmt ist, die
Zerstörung der Familie nicht als Übel ansehen und im Freundesverrat kein
Verbrechen finden, (01.38)
Warum sollen wir nicht erkennen dürfen, o Janârdana
(Kŗşna), daß es gilt, uns von dieser Sünde fernzuhalten, wir, die wir
die Zerstörung der Familie als Übel ansehen? (01.39)
Wird eine Familie zerstört, so gehen auch ihre alten
Gesetze zugrunde; und wenn die Gesetze untergehen, verfällt die ganze Familie
der Gesetzlosigkeit. (01.40)
Und wenn Gesetzlosigkeit überhandnimmt, befält die Frauen
der Familie Verderbnis, und wenn die Frauen verderbt sind, o Vârsneya
(Kŗşna), ensteht Vermischung der Ka sten.
(01.41)
Vermischung führt die Zerstörer der Familie und die
Familie selbst zur Hölle. Denn nun brechen, der Reis- und Wasseropfer beraubt,
die Geister der Vorfahren zusammen.
(01.42)
Durch die Verbrechen der Familienzerstörer und die von
ihnen bewirkte Vermischung der Kasten werden die unsterblichen Gesetze der
Kaste und der Familie vernichtet. (01.43)
Und, so haben wir sagen gehört, den Menschen, deren
Familiengesetze vernichtet sind, ist der Aufenthalt in der Hölle gewiß, o
Janârdana (Kŗşna). (01.44)
Ach weh! Wir sind entschlossen, eine große Sünde zu
begehen; denn aus Gier nach den Freuden der Königherrschaft stehen wir bereit,
unsere eigenen Leute zu töten. (01.45)
Es wäre besser für mich, wenn die Söhne des Dhrtarâstra,
mit Waffen in ihren Händen, mich, den Unbewaffneten, Wehrlosen, in der Schlacht
erschlügen. (01.46)
Nachdem Arjuna auf dem Schlachtfelde so gesprochen hatte,
sank er auf den Sitz seines Wagens nieder und warf Bogen und Pfeile weg, im
Geiste von Betrübnis überwältigt. (01.47)
In der Upanişad der Bhagavadgîtâ, der Wissenschaft vom Absoluten, der Schrift über den
Yoga und dem Zwiegespräch zwischen Śri Kŗşna und Arjuna ist dies
das erste Kapitel, genannt: Die Niedergeschlagenheit des Arjuna.
2.
Sâmkhya-theorie und Yoga-praxis
KŖŞNA
TADELT UND ERMAHNT ZUR TAPFERKEIT
Als er so von Mitleid erfüllt und niedergeschlagen war,
die Augen traurig und voll Tränen, sprach Madhusûdana (Kŗşna) diese
Worte zu ihm: (02.01)
Der Ehrwürdige sprach: Woher kommt dir in dieser schweren
Stunde diese Befleckung (Bestürzung)? Sie ist edlen Geistern unbekannt (von
Ariern nicht geschätzt), führt nicht in den Himmel und bereitet Schande, o
Arjuna! (02.02)
Ergib dich nicht der Unmännlichkeit, o Pârtha (Arjuna),
denn sie geziemt dir nicht. Lege diese niedrige Herzensschwachheit ab und
erhebe dich, o Feindbedränger (Arjuna)! (02.03)
ARJUNAS
ZWEIFEL BLEIBEN UNGELÖST
Arjuna sagte: Wie soll ich denn in dieser Schlacht, o
Madhusûdana (Kŗşna), mit Pfeilen den Bhîsma und den Drona bekämpfen,
die (ich) beide sehr verehre, o Feindetöter (Kŗşna)? (02.04)
Es dünkt mir besser, diese ehrwürdigen Lehrer nicht zu
töten und betteln zu gehen auf Erden, als diese Lehrer, die zwar nach Gewinn
begehren, zu erschlagen und blutbeschmierte Freuden zu genießen. (02.05)
Wir wissen nicht, was besser für uns wäre: daß wir siegen,
oder daß jene uns besiegen. Die Söhne Dhrtarâstras, nach deren Tötung wir nicht
mehr leben möchten, stehen uns gegenüber. (02.06)
Mein ganzes Wesen ist mit der Schwäche meines Mitleids
geschlagen. In meinem Geiste um die Pflicht verwirrt, frage ich dich: Sage mir
sicher, was das Bessere ist. Ich bin dein Schüler. Lehre mich, der ich mich
darum an dich wende. (02.07)
Ich sehe nicht, was diesen Kummer, der meine Sinne
austrocknet, vertreiben könnte, selbst wenn ich ein blühendes, mir
unbestrittenes Königreich auf Erden erlangen würde oder gar die höchste
Herrschaft über die Götter. (02.08)
Samjaya sagte: Nachdem er so zu Hrsîkésa
(Kŗşna) gesprochen hatte, sagte der mächtige Gudâkesa (Arjuna) zu
Govinda (Kŗşna): „Ich will nicht kämpfen“, und schwieg stille.
(02.09)
Gleichsam lächelnd, o Bhârata (Dhrtarâstra), sprach nun
Hrsîkésa (Kŗşna) zu ihm, dem Verzagenden, inmitten der beiden Heere:
(02.10)
UNTERSCHEIDUNG
VON SELBST UND KÖRPER:
WIR
SOLLEN NICHT BEKLAGEN, WAS UNVERGÄNGLICH IST
Der
Erhabene sagte: Du klagst um solche, die nicht zu beklagen sind, und
willst doch Worte der Wahrheit sprechen. Weise beklagen Tote und Lebende nicht.
(02.11)
Nie gab es eine Zeit, da ich nicht war und du und diese
Fürsten, noch wird je eine Zeit kommen, da wir nicht mehr sein werden. (02.12)
Wie die Seele bereits in diesem Körper
Kindheit, Jugend und Alter hat, so geschiedt es auch, daß sie einen anderen
körper ergreift. Der Weise wird daran nicht irre. (Siehe 15.08) (02.13)
Die Berührungen mit ihren Objekten, o Sohn der Kunti
(Arjuna), bewirken Kälte und Hitze, Freude und Schmerz. Sie kommen und gehen
und sind nicht von Bestand. Lerne sie ertragen, o Bhârata (Arjuna). (02.14)
Welchen menschen diese nicht quälen, o erster der Männer
(Arjuna), wer derselbe bleibt in Schmerz und Freude, wer weise ist, dieser
rüstet sich zur Ewigkeit. (02.15)
Das Nichtseiende kann nicht sein, das Seiende kann nicht
aufhören zu sein. Die Wahrheitsseher haben den Schluß aus diesen beiden
entdeckt. (02.16)
Wisse, daß unzerstörbar ist, von dem das alles
durchdrungen wird. Niemand kann Zerstörung dieses Unwandelbaren bewirken.
(02.17)
Ein Ende haben die Körper, unzerstörbar und unfaßbar aber
ist das Ewige, welches in diese Körper eingegangen ist. Darum kämpfe, o Bhârata
(Arjuna)! (02.18)
Wer denkt, er tötet, wer glaubt, er
werde getötet, sind beide im Irrtum. Nicht tötet dieser eine, noch wird er
getötet. (02.19)
Nicht wird er geboren, noch stirbt er jemals. Ins Sein
gelangt, wird er nicht wieder aufhören zu sein. Er ist ungeboren, ewig,
dauerhaft und uralt. Er wird nicht getötet, wenn der Körper getötet wird.
(02.20)
Wer ihn als unzerstörbar und ewig, ungeboren und
unvergänglich kennt, wie könnte ein solcher Mensch, o Pârtha (Arjuna),
irgendeinen töten, irgendeinen töten lassen? (02.21)
Wie ein Mann abgetragene Kleider ablegt
und andere, neue anzieht, so legt auch die Seele die abgetragenen Körper ab und
geht in andere, neue, ein. (02.22)
Nicht spalten ihn die Schwerter, nich brennt ihn das
Feuer, nicht benetzen ihn die Wasser, nicht trocknet ihn der Wind. (02.23)
Er kann nicht gespalten, nicht verbrannt, nicht benetzt
und nicht ausgetrocknet werden. Er ist ewig, allgegenwärtig, unwandelbar,
unbeweglich, immerwährend. (02.24)
Er wird unoffenbar, undenkbar, unveränderlich genannt.
Darum sollst du nicht klagen, nachdem du ihn als solchen erkannt hast. (02.25)
WIR
SOLLEN DAS VERGÄNGLICHE NICHT BETRAUERN
Selbst wenn du meinst, daß das Selbst immer wieder
geboren werde und immer wieder sterbe, selbst dann, o Großarmiger (Arjuna),
sollst du nicht klagen. (02.26)
Denn dem Geborenen ist der Tod gewiß, dem Toten ist die
Geburt gewiß. Darum sollst du über eine unvermeidliche Sache nicht trauern.
(02.27)
Nicht offenbar sind die Wesen an ihrem
Beginne, offenbar in der Mitte, o Bhârata (Arjuna), und nicht offenbar
wiederrum an ihrem Ende. Was gibt es da zu klagen? (02.28)
Der eine betrachtet ihn wie ein Wunder, der andere
spricht von ihm wie von einem Wunder, ein anderer wieder hört von ihm wie von
einem Wunder, und doch kennt ihn keiner, auch wenn er von ihm gehört hat. (Siehe KaU 2.07) (02.29)
Der im Körper von uns allen weilt, o Bhârata (Arjuna),
ist ewig, unzerstörbar. Darum sollst du kein Wesen beklagen. (02.30)
APPELL
AN DAS PFICHTGEFÜHL
Und auch wenn du deine Pflicht berücksichtigst, sollst du
nicht schwanken. Denn Größeres gibt es für einen Krieger nicht als den
pflichtgemäßen Kampf. (02.31)
Glücklich sind die Ksatriyas, o Pârtha (Arjuna), denen
sich ein solcher Krieg wie eine weit geöffnete Himmelstüre darbietet. (02.32)
Wenn du diese pflichtgemäße Schlacht nicht aufnimmst,
gerätst du in Schuld, indem du dein Gesetz und deinen Ruhm verrätst. (02.33)
Außerdem wird man ohne Unterlaß deine Schmach verkünden,
und für einen Mann, der einst geehrt wurde, ist Schmach schlimmer als Sterben.
(02.34)
Die großen Krieger werden glauben, daß du dich aus Furcht
dem Kampfe entzogen hast, und sie werden dich, den sie einst hochgeschätzt
haben, für gering achten. (02.35)
Deine Feinde werden viel Ungebührliches reden und deine
Fähigkeit tadeln. Könnte es Traurigeres geben als das? (02.36)
Entweder wirst du getötet werden und in den Himmel
eingehen oder du wirst siegen und die Erde genießen. Darum erhebe dich, o Sohn
der Kunti (Arjuna), zum Kampf entschlossen! (02.37)
Rüste dich zum Kampfe, nachdem dir
Freude und Leid, Gewinn und Verlust, Sieg und Niederlage gleichgültig geworden
sind. So wirst du nicht in Schuld geraten. (02.38)
Was ich dir eben gegeben habe, o Pârtha (Arjuna), ist die
Weisheit des Sâmkhya. Vernimm nun die Weisheit des Yoga! Wenn dein Verstand
diese aufnimmt, wirst du die Bindung durch die Werke ablegen. (02.39)
Auf diesem Pfade ist keine Mühe verloren, und es gibt
kein Hindernis. Schon ein wenig von dieser Gerechtigkeit (dharma) errettet vor
großer Gefahr. (02.40)
Hier gibt es, o Freude der Kurus (Arjuna), nur das
entschlossene Verstehen; es ist eines. Die Gedanken der Unentschlossenen aber
sind vielverzweigt und endlos. (02.41)
KEINE
WEISHEIT FÜR DEN IRDISCH-GESINNTEN
Die Einsichtslosen, die sich an den Vedaschriften ergötzen,
die behaupten, daß es anderes nicht gebe, die auf den Himmel bedacht sind und
deren Wesen die Begierde ist, verkünden jene blumigen Worte, welche als Lohn
der Taten die Wiedergeburt verheißen und viele besondere Riten zur Erlangung
von Genüssen und der Herrschaft (festlegen). (02.42-43)
Nicht wohl begründet im Selbst (oder: in der Versenkung)
ist der zwischen Gut und Böse unterscheidende Verstand jener, die an den
Genüssen und der Macht hängen und deren Geist von diesen (Veda-) Worten
hingerissen wird. (02.44)
Hauptasche des Veda sind die Erscheinungsformen; du aber,
o Arjuna, befreie dich von dieser dreifachen Natur. Sei frei von den
Gegensätzen, stehe fest in der Reinheit, sorge dich nicht um Erwerb und
Erhaltung, besitze das Selbst! (02.45)
Soviel Nutzen ein Teich hat, an einer Stelle, wo von
allen Seiten her die Wasser zusammengeströmt sind, soviel Nutzen haben auch die
Veden für den Brahmanen, welcher erkennt. (02.46)
HANDLE
OHNE RÜCKSICHT AUF DEN ERFOLG
Deine Aufgabe liegt allein im Handeln,
nicht in dessen Früchten. Lasse nicht die Früchte deines Tuns deinen Beweggrund
sein; ergib dich nicht der Untätigkeit! (02.47)
Gib die Anhänglichkeit auf, o
Schätzegewinner (Arjuna), und volbringe, im Yoga gefestigt, deine Werke. Sei
gleichmütig gegen Erfolg und Mißerfolg. Gleichmut wird Yoga genannt. (02.48)
Das Werksteht tief unter der Zügelung des Verstandes (buddhi-yoga), o Schätzegewinner
(Arjuna). Suche im Verstande deine Zuflucht. Erbarmenswert sind jene, die nach
Früchten trachten. (02.49)
Wer seinen Verstand (an das Göttliche)
geschirrt hat (oder: in seinen Verstande wohl gegründet ist), läßt beides
fahren: Gut und Böse. Befleißige dich darum des Yoga. Yoga ist Geschick im
Handeln. (02.50)
Die Weisen, welche ihren Verstand (mit dem Göttlichen)
verbunden haben, indem sie auf die Früchte ihrer Werke verzichtet und von den
Banden der Geburt sich befreit haben, erreichen den leidlosen Ort. (02.51)
Da dein Verstand die Trübnis der Verblendung überquert,
wird dir gleichgültig werden, was gehört worden ist und was noch zu hören sein
soll. (02.52)
Wenn dein Verstand, von den vedischen Texten verwirrt,
unerschütterlich und fest im Geiste (samâdhi)
gründen wird, wirst du Einsicht (yoga)
erlangen. (02.53)
DIE
MERKMALE DES VOLLKOMMENEN WEISEN
Arjuna sagte: Welches ist die Beschreibung eines
Menschen, der diese festgegründete Weisheit hat, dessen Wesen im Geiste
feststeht, o Keśava (Kŗşna)? Wie wird er, dessen Verstand
gefestigt ist, sprechen, wie wird er sitzen, wie wird er gehen? (02.54)
Der Erhabene sagte: Wenn jemand alle Wünsche seines
Herzens ablegt, o Pârtha (Arjuna), und wenn sein Geist in sich selbst Genüge
findet, wird er ein in seinem Verstande Feststehender genannt. (02.55)
Wer in Leiden nicht erschüttert wird
und in Freuden frei von Begierden ist, von welchem Leidenschaft, Furcht und
Zorn gewichen sind, der wird ein in seinen Verstande feststehender Weiser
genannt. (02.56)
Wer nirgendwo Zuneigung hat, wer, wenn er Gutes oder
Schlechtes empfängt, weder Freude noch Haß empfindet, dessen Verstand ist fest
gegründet (in der Weisheit). (02.57)
Wer, wie eine Schildkröte ihre Glieder, seine
Sinnesorgane allerseits von den Sinnesobjekten zurüchzieht, dessen Verstand ist
fest gegründet (in der Weisheit). (02.58)
Die Sinnesobjekte wenden sich von der verkörperten Seele
ab, die aufhört, sich an ihnen zu nähren; doch bleibt der Geschmack für sie.
Aber selbst der Geschmack wendet sich ab,
wenn das Höchste erschaut wird. (02.59)
Mag ein Mensch auch noch so (nach
Vollendung) streben, mag er auch noch so einsichtig sein, o Sohn der Kunti
(Arjuna), die ungestümen Sinne reißen seinen Geist gewaltsam fort. (02.60)
Sie alle (die Sinne) gebändigt habend,
soll er im Yoga dasitzen, auf mich gerichtet. Denn, wer die Sinne in seiner
Gewalt hat, dessen Verstand ist fest gegründet.
(02.61)
Wenn ein Mensch an die Sinneobjekte
denkt, entsteht Verhaftung an sie. Aus der Verhaftung entspringt Begierde, und
aus der Begierde entspringt Zorn. (02.62)
Aus dem Zorn entsteht Verwirrung, aus der Verwirrung Verlust
der Erinnerung, aus dem Verlust der Erinnerung Zerstörung des Verstandes. An
der Zerstörung des Verstandes. An der Zerstörung des Verstandes geht er
zugrunde. (02.63)
Wer aber seine Sinne im Zaum hält, wer mit gezügelten
Sinnen, die frei von Anhänglichkeit und Abneigung sind, unter den
Sinnesobjekten umhergeht, dieser Mensch erlangt die lauterkeit des Geistes.
(02.64)
Und in dieser Lauterkeit des Geistes wird ihm das Ende
allen Kummers bereitet. Der Verstand eines solchen Mannes von lauterem Geiste ist
bald gefestigt (in dem Frieden des Selbst). (02.65)
Wer ohne Zucht ist, hat keinen Verstand, und wer ohne
Zucht ist, hat auch kein Versenkungsvermögen. Wer ohne Versenkungsvermögen ist,
findet keinen Frieden. Und wie könnte es für einen, der keinen Frieden hat,
Freude geben? (02.66)
Wenn der Geist den schwärmenden Sinnen
nachläuft, zieht er den Verstand mit sich fort, wie der Wind ein Schiff auf dem
Wasser mit sich fortzieht. (02.67)
Wer darum, o Starkarmiger (Arjuna), seine Sinnesorgane
allerseits von ihren Sinnesobjekten zurückhält, dessen Verstand ist fest
gegründet. (02.68)
Was für alle Wesen Nacht ist, ist Wachezeit für die
gezügelte Seele. Und was für alle Wesen Wachezeit ist, ist Nacht für des Seher,
der sieht (oder: den Seher der Schau). (02.69)
In den alle Begierden einmünden wie die
Wasser in den Ozean, der, obwohl immer angefüllt, doch stets bewegungslos
verharrt, dieser erlangt den Frieden; nicht aber, wer seinen Begierden fröhnt.
(02.70)
Wer alle Begierden aufgibt, ohne Verlangen handelt, ohne
Selbstsucht und Egoismus ist, dieser erlangt den Frieden. (02.71)
Dies ist, o Pârtha (Arjuna), der göttliche Zustand. Wer
ihn erreicht hat, wird nicht (mehr) verwirrt. Wer am Ende (in der Todesstunde)
in ihm feststeht, geht in die Seligkeit Gottes (brahmanirvâna) ein. (02.72)
Dies ist das zweite Kapitel, genannt: Der Yoga der
Erkenntnis.
3. Karmayoga oder die Methode zu Handeln
WARUM
DANN ÜBERHAUPT HANDELN?
Arjuna sagte: enn du meinst, o Janârdana, daß (der Pfad
der) Erkenntnis besser ist als (der Pfad der) Handlung, warum drängst du mich
dann zu dieser grausamen Tat, o Keśava (Kŗşna)? (03.01)
Mit verwirrter Rede scheinst du meinen Verstand
irrezuführen. Teile mir doch ohne Umschweife das eine mit, wodurch ich Heil
erlangen kann. (03.02)
LEBEN
IST HANDELN; GLEICHGÜLTIGKEIT GEGEN DIE FOLGEN
DES
HANDELNS IST ERFORDERLICH
Der Erhabene sagte: Der zweifache Weg,
den es in dieser Welt gibt, o Tadelloser, ist schon vorhin von mir gelehrt
worden: der Weg der Erkenntnis fûr die betrachtenden Menschen und der Weg der
Werke für die tätigen Menschen. (03.03)
Nicht durch das Unterlassen der Werke erlangt der Mensch
Befreiung von den Werken; nicht durch bloßes Entsagen erlangt er
Vollkommenheit. (03.04)
Denn kein Lebewesen kann auch nur einen Augenblick
verharren, ohne zu handeln. Jeder wird durch die naturentstandenen Impulse,
ohne daß er sich dagegen wehren kann, zum Handeln veranlaßt. (03.05)
Wer die Tatsinne bezähmt, aber in seinem Herzen der
Sinnesobjekte gedenkt, wessen Natur betört ist, ein solcher wird ein Heuchler
genannt. (03.06)
Höher steht hingegen, o Arjuna, wer die
Sinne mit dem Geiste zähmt und die Tatsinne ohne Anhänglichkeit auf dem Wege
des Handelns einsetzt. (03.07)
WICHTIGKEIT
DES OPFERS
Vollziehe dein dir zustehendes Werk, denn Handeln ist besser
als Nichthandeln. Auch die Aufrechterhaltung des physischen Lebens gelingt
nicht ohne Handeln. (03.08)
Abgesehen von dem Werk, das als und für
ein Opfer getan wird, ist die Welt an die Werke gebunden. Darum befreie dich, o
Sohn der Kunti (Arjuna), von aller Anhänglichkeit und vollziehe dein Werk als
Opfer. (03.09)
In alter Zeit schuf der Herr der Geschöpfe zusammen mit
dem Opfer die Menschen und sprach: Durch dieses werdet ihr euch fortpflanzen,
und dieses wird es sein, was euch den Milchtrank eurer Wünsche spenden wird.
(03.10)
Fördert damit die Götter, und die Götter mögen euch
fördern. So werdet ihr, einander fördernd, das höchste Gut erlangen. (03.11)
Vom Opfer gefördert, werden euch die Götter jene Genüsse
schenken, die ihr begehrt. Wer diese Gaben genießt, ohne ihnen zurückzugeben,
ist fürwahr ein Dieb. (03.12)
Die Guten, welche die Überreste des Opfers verzehren,
werden von allen Sünden erlöst; aber jene Bösen, die für sich allein Nahrung
bereiten, sie essen die Sünde. (03.13)
Aus der Nahrung entstehen die Geschöpfe; aus dem Regen
entspringt die Nahrung; aus dem Opfer wird der Regen geboren, und das Opfer
entsteht aus dem Werke. (03.14)
Wisse, daß der Ursprung des karman (der Art des Opfers) im Brahman (dem Veda) liegt, und das
Brahman entspringt im Unvergänglichen. Darum hat das allumfassende Brahman
stets im Opfer seinen Mittelpunkt. (03.15)
Wer in dieser Welt das so in Bewegung
gesetztz Rad nicht weiterdrehen hilft, ist von böser Natur, sinnlich in seinen
Freuden und lebt umsonst, o Pârtha (Arjuna). (03.16)
HABE
AM SELBST GENUG
Aber für den Menschen, der sich allein am Selbst erfreut,
am Selbst genug hat, im Selbst Befriedigung findet, gibt es kein Werk mehr, das
er tun müßte. (03.17)
So verfolgt er auch nicht die Absicht, durch Handlungen,
die er vollbracht hat, und durch handlungen, die er nicht vollbacht hat, irgend
etwas in dieser Welt zu gewinnen. Er hängt mit keinem Zweck von allen diesen
Dingen ab. (03.18)
Vollbringe darum immer, ohne
Anhänglichkeit, die auszuführende Tat, denn durch Handeln ohne Anhänglichkeit
gelangt der Mensch zum Höchsten. (03.19)
GIB
ANDEREN EIN BEISPIEL
Gerade durch Werke haben Janaka und
andere die Vollendung erreicht. Du sollst auch zum Zwecke der Welterhaltung
handeln. (03.20)
Was immer ein großer Mann vollbringt, das vollbringen
andere ebensogut. Welchen Maßstab er auch immer setzen mag, die Welt richtet
sich darnach. (03.21)
Für mich, o Pârtha (Arjuna), gibt es kein Werk in den
drei Welten, das noch zu tun wäre, oder irgend etwas, das erlangt werden müßte
und noch nicht erlangt worden ist. Und trotzdem betätige ich mich im Werke.
(03.22)
Denn wenn ich mich je im Werke nicht unermüdlich
betätigen würde, o Pârtha (Arjuna), die Menschen würden doch allerwärts meinem
Wege folgen. (03.23)
Wenn ich aufhören würde zu handeln, würden diese Welten
in Trümmer fallen, und ich wäre der Urheber der Unordnung und würde diese
Menschen zugrunde richten. (03.24)
Wie die Unwissenden in Anhänglichkeit an das Werk
handeln, so sollen auch die Wissenden handeln, o Bhârata (Arjuna), aber nicht
in Anhänglichkeit, sondern in dem Verlangen, die Weltordnung aufrecht zu
erhalten. (03.25)
Er (jnânin)
möge die Gemüter der Unwissenden, die am Werke hangen, nicht verwirren. Der
Erleuchtete, der alle Handlungen im Geiste des Yoga vollbringt, möge die
anderen (ebenso) zum Werke anleiten. (Siehe
03.29) (03.26)
DAS
SELBST IST NICHT DER TÄTER
Alle Arten von Werken werden durch die
Erscheinungsformen der Natur vollzogen; der Mensch, dessen Seele vom Selbstgefühl
verwirrt ist, denkt aber: „Ic bin der Täter“. (Siehe 05.09, 13.29, und 14.19)
(03.27)
Wer aber, o Starkarmiger (Arjuna), das wahre Wesen der
Unterschiedlichkeit (der Seele) von den Erscheinungsformen der natur und ihren
Werken kennt, wissend, daß es die Erscheinungsformen sind, die an den
Erscheinungsformen wirken, dieser verhaftet sich nicht. (03.28)
Die von den Erscheinungsformen der Natur verwirrt sind,
hangen an den von ihnen vollbrachten Werken. Aber niemand, der das Ganze
erkannt hat, möge die Unwissenden irre machen, die nur einen Teil erkannt
haben. (Siehe 03.26) (03.29)
Übertrage, in vollem Bewußtsein auf das Selbst gestützt, alle
diese Werke auf mich, sei frei von Begierde und Selbstsucht und kämpfe , von
deinem Fieberwahn erlöst! (03.30)
Auch jene
Menschen, welche gläubig und ohne Murren alle Zeit dieser meiner Lehre folgen,
werden von (der Bindung durch die) Werke erlöst. (03.31)
Wisse, daß
hingegen jene, die meine Lehre gering schätzen und sie nicht befolgen, blind
für alle Weisheit, verloren und besinnungslos sind. (03.32)
NATUR
UND PFICHT
Selbst der
wissende Mensch handelt in Übereinstimmung mit seiner eigenen Natur. Die
Lebewesen folgen ihrer Natur. Was vermag hier Unterdrückung auszurichten?
(03.33)
Für jedes Sinnesorgan sind Neigung und Abneigung in bezug auf
die Objekte des (betreffenden) Sinnesorgans festgesetzt. Niemand möge unter
ihre Gewalt kommen, denn sie sind zwei gefährliche Wegelagerer. (03.34)
Es ist besser,
das eigene Gesetz unvollkommen zu erfüllen, als das Gesetz eines anderen
vollkommen zu erfüllen. Es ist besser, in (der Erfüllung) des eigenen Gesetzes
zu sterben;denn gefährlich ist es, dem Gesetz eines anderen zu folgen. ( Siehe
18.47) (03.35)
DER
FEIND HEISST BEGIERDE UND ZORN
Arjuna sagte:
Wodurch, o Vârsneya (Kŗşna), wird nun aber, wie durch eine Kraft, der
Mensch angetrieben, selbst gegen seinen Willen Sünden zu begehen? (03.36)
Der Erhabene sagte: Es ist das
Begehren, es ist der Zorn, die, alles verschlingend und höchst sündhaft, aus der
Erscheinungsform der Leidenschaft entspringen. Wisse, daß er der Feind hier
ist! (03.37)
Wie das Feuer vom
Rauche verhült wird, ein Spiegel von Staub, ein Embryo vom Mutterleib
umschlossen wird, so ist dies von jenem (nämlich der Leidenschaft) verhüllt.
(03.38)
Von diesem unersättlichen Feuer der Begierde, diesem
dauernden Feind der Weisen, wird, o Sohn der Kunti (Arjuna), das Wissen
verhüllt. (03.39)
Die Sinnesorgane, das Denkorgan und die Vernunft werden sein
Sitz genannt. Indem er mittels derselben das Wissen verhüllt, täuscht er die in
den Körper eingegangene Seele. (03.40)
Bezähme darum, o
bester der Bharatas (Arjuna), von Anfang an deine Sinne und vernichte diesen
bösen Zerstörer von Wissen und Unterscheidungsvermögen. (03.41)
Groß sind, so
heißt es, die Sinnesorgane: größer als die Sinnesorgane ist das Denkorgan;
größer als das Denkorgan ist die Vernunft; aber noch größer als die Vernunft
ist er. 03.42)
Erkenne ihn so, der jenseits der Vernunft ist, befestige dein
(niederes) Selbst durch das Selbst und schlage so, o Starkarmiger (Arjuna), den
schwer besiegbaren Feind in Gestalt der Begierde. (03.43)
Dies
ist das dritte Kapitel, genannt: Der Yoga der Werke.
4.
Der Weg des Erkennens
DIE
TRADITION DES JNÂNA-YOGA
Der Erhabene sagte: Ich habe diesen unvergänglichen Yoga
dem Vivasvat verkündet; Vivasvat teilte ihn dem Manu mit und Manu dem
Ikşvâku. (04.01)
So von einem zum andern weitergegeben, kannten ihn auch
die königlichen Weisen, bis der Yoga im Laufe der langen Zeit, o Feindbedränger
(Arjuna), der Welt verloren ging. (04.02)
Diesen selben uralten Yoga habe ich dir heute kundgetan.
Denn du bist mein Verehrer und mein Freund. Und dies ist das höchste Geheimnis.
(04.03)
Arjuna sagte: Später war deine Geburt und früher war die
Geburt des Vivasvat. Wie kann ich da verstehen, daß du ihm diese (Lehre) zu
Anfang verkündet hast? (04.04)
DIE
LEHRE VON DEN AVATARAS
Der Erhabene sagte: Zahlreich sind meine vergangenen,
Leben, und deine auch, o Arjuna. Ich kenne sie alle, du aber kennst sie nicht,
o Geißel der Feinde (Arjuna). (04.05)
Obgleich (ich) ungeboren (bin), und mein Selbst
unvergänglich (ist), obgleich (ich) der Herr aller Geschöpfe (bin), so gelange
ich doch durch meine Macht (mâyâ) zu (empirischem) Sein, indem ich mich in
meiner eigenen Natur festlege. (04.06)
Jedesmal, wenn die Rechtmäßigkeit im
Schwinden ist und Unrechtmäßigkeit sich erhebt, lasse ich mein Selbst
hervorströmen (fleischwerden). (04.07)
Um die Guten zu beschützen, die Bösen
zu vernichten und die Rechtmäßigkeit zu festigen, entstehe ich von Weltalter zu
Weltalter. (04.08)
Wer so in Wahrheit meine göttliche Geburt und meine
göttlichen Werke kennt, wird nicht wiedergeboren, wenn er seinen Leib verläßt,
sondern kommt zu mir, o Arjuna. (04.09)
Befreit von Leidenschaft, Angst und Zorn, in mich
versunken, ihre Zuflucht zu mir nehmend, haben viele, von der Askese des
Wissens geläutert, meinen Wesenszustand erreicht. (04.10)
Wie sie zu mir kommen, so nehme ich sie auf; überall
folgen Menschen meinen Pfade, o Pârtha (Arjuna). (04.11)
Die das Gelingen ihrer Werke auf Erden wünschen, opfern
den Göttern (den verschiedenen Formen der einen Gottheit), denn das Gelingen
der Werke vollzieht sich in dieser Menschenwelt rasch. (04.12)
GOTTES
WERKE SIND BEGIERDELOS
Ich habe die vierfache Ordnung in
Übereinstimmung mit den Bereichen von
Eigenschaft und Werk feschaffen. Wisse, daß ich, obgleich ihr Schöpfer, der
Handlung und Veränderung unfähig bin. (Siehe
18.41) (04.13)
HANDELN
OHNE ANHÄNGLICHKEIT RUFT KEINE BINDUNG HERVOR
Werke beflecken mich nicht, auch habe ich kein Verlangen
nach ihrer Frucht. Wer mich als solchen kennt, wird von den Werken nicht
gebunden. (04.14)
Solches wissend, haben auch die Altvordern, die nach Erlösung
suchten, das Werk geübt. Deshalb übe auch du das Werk, wie es die Altvordern in
vergangenen Zeiten geübt haben. (04.15)
HANDELN
UND NICHTHANDELN
Was ist Handeln? Was ist Nichthandeln? Selbst Weise sind
darüber verwirrt. Ich werde dir erklären, was Handeln ist, das dich, hast du es
erkannt, vom Übel erlösen wird. (04.16)
Man muß verstehen, was Handeln ist; man muß verstehen,
was falsches Handeln ist; und man muß verstehen, was Nicht-Handeln ist; schwer
zu verstehen ist der Weg des Werkes. (04.17)
Wer im Handeln Nicht-Handeln erblickt
und Handeln im Nicht-Handeln, der ist ein Weiser unter den Menschen, ein Yogin,
ein all sein Werk Vollbringender. (Siehe
3.05, 3.27, 5.08 und 13.29) (04.18)
Wessen Unternehmen frei von verlangenden Wünschen sind,
wessen Werke im Feuer der Weisheit verbrennen, ihn nennen die Weisen einen
Kundigen. (04.19)
Wer alles Anhängen an die Frucht der
Werke aufgegeben hat, immer zufrieden ist, ohne irgendwelche Abhängigkeit, tut
nichts, obwohl er sich ständig betätigt. (04.20)
Wer keine Wünsche hat, Herz und Selbst bezähmt, allen
Besitz verläßt, nur mit dem Körper handelt, begeht keinen Fehl. (04.21)
Wer sich dem begnügt, was immer der Zufall bringt, wer
über die Gegensätze (von Freude und Schmerz) erhaben ist, keinen Neid hat und in
Erfolg und Mißerfolg derselbe bleibt, dieser wird nicht gebunden, auch wenn er
handelt. (04.22)
OFPER
UND SYMBOLISCHER WERT DES OPFERS
Das Werk jenes Menschen, der sich von seinen Verhaftungen
getrennt hat, der erlöst ist, dessen Geist in der Weisheit feststeht, der sein
Werk als Opfer vollbringt, löst sich vollkommen auf. (04.23)
Seine Opferhandlung ist Gott, seine
Opfergabe ist Gott. Durch Gotte wird sie in das Feuer Gottes geopfert. Gott ist
es, was jener erlangen wird, der in seinen Werken auf Gott bedacht ist. (Siehe 9.16) (04.24)
Einige Yogins opfern den Göttern, andere bringen im Feuer
des Höchsten durch das Opfer selbst das Opfer dar. (04.25)
Einige opfern das Gehör und die anderen Sinnesorgane in
das Feuer der Selbstüberwindung, andere opfern den Laut und die anderen
Sinnesobjekte in die Sinnesfeuer. (04.26)
Einige wieder opfern alle Handlungen ihrer Sinne und die
Werke ihrer Lebenskraft in das vom Wissen entzündete Feuer des Yoga der
Selbstzucht. ( (04.27)
In gleicher Weise opfern einige ihren materiellen Besitz
oder ihre Askese oder ihre geistigen Übungen, während andere, die sich bezähmt
und strenge Gelübde abgelegt haben, ihr Studium und ihre Kenntnisse opfern.
(04.28)
Andere wieder, die auf Atem-Regelung bedacht sind und die
Wege des prâna (Aushauch) und apâna (Einhauch) in Schranken halten,
gießen des prâna als Opfergabe in den
apâna und den apâna in den prâna.
(04.29)
Während andere, die ihre Nahrung einschränken, ihre
Lebenshauche als Opfergabe in die Lebenshauche gießen. Sie alle sind Kenner des
Opfers (wissen, was Opfer ist) und vernichten durch das Opfer ihre Sünden.
(04.30)
Diejenigen, welche die vom Opfer übrig
bleibende heilige Speise essen, gehen ein in das ewige Absolute. Diese Welt, o
bester der Kurus (Arjuna), ist nicht für einen geschaffen, der kein Opfer
vollzieht; wieviel weniger irgendeine andere Welt! (Siehe 4.38, und 5.06) (04.31)
So sind viele Arten von Opfern im Antlitz Brahmans
ausgebreitet (d.h. hervorgebracht als Mittel, das Absolute zu erreichen).
Wisse, daß sie alle aus dem Werke entspringen. Dieses wissend, wirst du erlöst
werden. (Siehe 3.14) (04.32)
WISSEN
UND WERK
Das Opfer der Erkenntnis ist größer als
jedes materielle Opfer, o Geißel der Feinde (Arjuna). Denn alle Werke gipfeln
ohne Ausnahme in der Weisheit. (04.33)
Lerne es durch demütige Verehrung,
durch Befragen und Dienen. Die Männer der Weisheit, die die Wahrheit geschaut
haben, werden dich im Wissen unterrichten. (04.34)
PREIS
DER WEISHEIT
Wenn du es erkannt hast, wirst du, o Pândava, nicht
wieder in diese Verwirrung fallen. Den damit wirst du alle Wesen ohne Ausnahme
im Selbst und dann in mir erblicken. (Siehe
6.29, 6.30, 11.07, 11.13) (04.35)
Und solltest du der sündigste aller Sünder sein, so wirst
du doch allein mit dem Schiffe der Weisheit alles Übel überqueren. (04.36)
Wie das angezündete Feuer seinen
Brennstoff zu Asche macht, so macht, o Arjuna, das Feuer der Weisheit alle
Werke zu Asche. (04.37)
Es gibt nichts auf Erden, das an
Reinheit mit der Weisheit vergleichbar wäre. Von selbst findet dies mit der
Zeit in seinem Selbst, wer sich durch Yoga vervollkommt. (Siehe 4.31, und 5.06, 18.78). (04.38)
ZUR
WEISHEIT IST GLAUBE NOTWENDUNG
Wer Glauben hat, wer in sie (d.h.die Weisheit) vertieft
ist und seine Sinne im Zaume hält, gewinnt Weisheit. Und hat er Weisheit
gewonnen, so gelangt er rasch in den höchsten Frieden. (04.39)
Aber der Unwissende, der keinen Glauben hat, der zu
Zweifeln neigt, geht zugrunde. Für die zweifelnde Seele gibt es weder diese
Welt, noch die jenseitige Welt, noch irgendeine Glückseligkeit. (04.40)
Die Werke binden jenen nicht, der durch den Yoga allen
Werken entsagt, der durch die Weisheit jeden Zweifel vernichtet hat und, o
Schätzegewinner (Arjuna), für immer im Besitze seines Selbst ist. (04.41)
Zerschneide darum mit dem Schwert der Weisheit diesen aus
Unwissenheit geborenen Zweifel in deinem Herzen, mache dich an den Yoga und
erhebe dich, o Bhârata (Arjuna)! (04.42)
Das ist das vierte Kapitel, genannt: Der Yoga der
göttlichen Erkenntnis.
5.
Die Rechte Entsagung
SAMKHYA
UND YOGA FÜHREN ZUM SELBEN ZIEL
Arjuna sagte: Du rühmst, o Kŗşna, den Verzicht
auf die Werke und wiederum das selbstlose Ausführen derselben. Sage mir mit
Bestimmtheit, welches von diesen beiden das bessere ist. (Siehe also 5.05) (05.01)
Der Erhabene sagte: Der Verzicht auf die Werke und das
uneigennützige Verrichten derselben, beide führen zur Erlösung der Seele. Aber
von diesen beiden ist das uneigennützige Verrichten der Werke besser als der
Verzicht auf sie. (05.02)
Wer weder Abneigung noch Begierden hat, ist als einer zu
erkennen, der beständig den Geist der Entsagung besitzt; er, der ohne
Gegensätze ist, o Stark-Armiger (Arjuna), wird mühelos von der Bindung erlöst.
(05.03)
Die Unwissenden sprechen von der
Entsagung (Sâmkhya) und der Werkbetätigung (Yoga) als von zwei verschiedenen
Dingen, nicht aber der Weise. Wer eines davon gut betreibt, erlangt die Frucht
beider. (05.04)
Der Stand, den die Entsagenden
erlangen, wird auch von den Handelnden erreicht. Wer sieht, daß der Weg der
Entsagung und der des Handelns eins sind, dieser sieht (in Wahrheit). (Siehe 6.01 und 6.02) (05.05)
Ohne Yoga, o Starkarmiger (Arjuna), ist
die Entsagung aber schwer zu erlangen; der Weise, der sich des Yoga (des Weges
der Werke) befleißigt, erlangt das Absolute bald. (Siehe also 4.31, und 4.38) (05.06)
Wer sich am Weg der Werke geübt hat, eine lautere Seele
besitzt, Herr seines Selbst ist und seine Sinne bezähmt hat, dessen Seele zum
Selbst aller Wesen wird, dieser wird von den Werken nicht befleckt, obgleich er
wirkt. (05.07)
Der mit dem Göttlichen vereinte und die Wahrheit wissende
Mensch denkt: „Ich tue gar nichts“, denn wenn er sieht, hört, fühlt, riecht,
schmeckt, geht, schläft, atmet; wenn er spricht, ausscheidet, ergreift, die
Augen öffnet und schließt, weiß er wohl, daß nur die Sinne mit den
Sinnesobjekten beschäftigt sind. (Siehe
3.27, 13.29, und 14.19) (05.08-09)
Wer, nachdem er alle Anhänlichkeit
aufgegeben hat, so handelt, daß er alle seine Handlungen Gott weiht, wird von
keiner Sünde berührt, wie ein Lotusblatt vom Wasser (unberührt bleibt). (05.10)
Die Yogins (Tatmenschen) verrichten die Werke nur mit dem
Körper, dem Geiste, dem Verstand oder nur mit den Sinnesorganen, indem sie zur
Läuterung ihrer Seele alle Anhänlichkeit aufgeben. (05.11)
Die ernste (oder fromme) Seele erlangt
den wohlgegründeten Frieden, indem sie die Anhänglichkeit an die Früchte der
Werke aufgibt; aber derjenige, dessen Seele mit dem Göttlichen nicht vereint ist,
wird von Begierde getrieben, hängt an der frucht (des handelns) und wird darum
gebunden. (05.12)
DAS
ERLEUCHTETE SELBST
Die in den Körper eingegangene (Seele), die ihre Natur
bezähmt, indem sie durch den Geist (innerlich) allen Werken entsagt, wohnt
behaglich in der Stadt der neun Tore, weder handelnd noch handeln lassend.
(05.13)
Das höchste Selbst
schafft den Menschen keine Tätigkeit, noch ist es selbst tätig, noch verknüpft
es die Werke mit ihren Früchten. Es ist die eigene Natur, die diesse hervorbringt.
(05.14)
Der alldurchdringende Geist nimmt sich weder der Sünde
noch der Verdienste irgendeines Menschen an. Die Weisheit wird von Unwissenheit
verhüllt; dadurch werden die Geschöpfe verwirrt. (05.15)
Jenen aber, in denen die Unwissenheit durch Weisheit
vernichtet wird, erhellt die Weisheit wie eine Sonne das höchste Selbst.
(05.16)
Die dieses denken, diesem ihr ganzes,
bewußtes Sein zuleiten, dieses zu ihrem einzigen Ziel machen, zum alleinigen
Objekt ihrer Hingabe, erreichen einen Zustand, von dem es keine Wiederkehr
gibt. Weisheit wäscht ihre Sünden weg. (05.17)
Mit gleichem Auge blicken die Weisen
auf einen gelehrten und demütigen Brahmanen, auf eine Kuh, einen Elefanten, ja
sogar auf einen Hund und einen Kastenlosen. (Siehe 6.29) (05.18)
Selbst hier (auf Erden) wird die geschaffene (Welt) von
jenen besiegt, deren Sinn im Gleichmut feststeht. Gott ist ohne Fehler und
derselbe in allem. Darum stehen diese (Menschen) in Gott fest. (Siehe 18.55) (05.19)
Man soll sich nicht freuen, wenn man Liebes erlangt, man
soll nicht trauern, wenn man Unliebes erlangt. Wer festen Verstandes ist und
unbeirrt, solch ein Kenner Gottes steht fest in Gott. (05.20)
Wenn die Seele nicht mehr an äußeren
Berührungen (Objekten) haftet, findet man jenes Glück, das im Selbst ist. Solch
einer, der sich im auf Gott (Brahma) gerichteten Yoga beherrscht, genießt
unvergängliche Wonne. (05.21)
Welche Freuden auch immer aus den Berührungen (mit den
Objekten) entspringen, sie alle sind eine Quelle des Leidens, sie haben einen
Anfang und ein Ende, o Sohn der Kunti (Arjuna). Kein Weiser erfreut sich ihrer.
(Siehe18.38) (05.22)
Wer, bevor er seinen Körper aufgibt, dem Ansturm von
Begierde und Zorn widerstehen kann, ist ein Yogin, ist ein glücklicher Mann.
(05.23)
FRIEDE
VON INNEN HER
Der das Glück in sich findet, seine Freude in sich findet
und ebenso sein Licht nur in sich findet, dieser Yogin wird göttlich und
gelangt zur Seligkeit Gottes (brahmanirvâna).
(05.24)
Die heiligen Männer, deren Sünden getilgt, deren Zweifel
(Gegensätze) vernichtet, deren Sinne bezähmt sind und die sich daran erfreuen,
allen Menschen Gutes (zu tun), gelangen zur Seligkeit Gottes. (05.25)
Diesen beherrschten Seelen (yati), die von Begierde und Zorn befreit sind, ihre Sinne im Zaume
halten und Kenntnis des Selbst besitzen, liegt die Seligkeit Gottes ganz nahe.
(05.26)
Der Weise, der alle äußeren Objekte ausschließt, den
Blick zwischen die Augenbrauen richtet, die durch die Nasenlöcher ziehenden
Ein- und Aushauche gleichmacht, der Sinne, Geist und Verstand bezähmt hat, auf
Erlösung bedacht ist und Begierde, Furcht und Zorn abgelegt hat, ist für immer
befreit. (05.27-28)
Der Weise, der mich als den Genießer der Opfer und
Kasteiungen, den großen Herrn aller Welten, den Freund aller Wesen erkannt hat,
geht in den Frieden ein. (05.29)
Dies ist das fünfte Kapitel, genannt: Yoga der
Werkentsagung.
6.
Der Wahre Yoga
ENTSAGEN
UND HANDELN SIND EINS
Der Erhabene sagte: Wer das ihm obliegende Werk
verrichtet, ohne nach dessen Lohn zi suchen, ist ein Samnyasin, ist ein Yogin;
night aber, wer das heilige Feuer nicht anzünder und keine Riten vollzieht.
(06.01)
Wisse, o Pândava (Arjuna), daß das, was man samnyâsa nennt, Aktivität ist, die
gebändigt wird; denn keiner wird ein Yogin, der nicht seinen (selbstsüchtigen)
Zielen entsagt hat.(Siehe BG 5.01,
5.05, 6.01, und 18.02) (06.02)
Das Werk wird als das Mittel des Weisen
bezeichnet, der den Yoga zu erreichen wünscht. Hat er den Yoga erreicht, so
wird Ruhe als das Mittel bezeichnet. (06.03)
Wenn einer nicht mehr an den
Sinnesobjekten oder den Werken hängt und allen Vorsätzen entsagt hat, dann wird
er einer genannt, der den Yoga erlangt hat. (06.04)
Durch sich selbst erhebe der Mensch
sich selbst. Nicht erniedrige er sich selbst; denn das Selbst ist der Freund
des Selbst, und das Selbst allein ist der Feind des Selbst. (06.05)
Wer sein (niederes) Selbst durch das
(höhere) Selbst besiegt hat, hat in seinem Selbst einen Freund. Wer aber nicht
im Besitz seines (höheren) Selbst ist, dessen Selbst wird wie ein Feind in
Feindschaft handeln. (06.06)
Wer sein (niederes) Selbst besiegt hat und zur Ruhe der
Selbstbeherrschung gelangt ist, dessen Selbst verharrt gesammelt; er hat
Frieden in Kälte und Hitze, in Freude und Schmerz, in Ehre und Schmach. (06.07)
Der Asket (Yogin), dessen Seele an Weisheit und Wissen
Genüge findet, der unwandelbar und Herr seiner Sinne ist, dem ein Erdklumpen,
ein Stein und ein Stück Goldes dasselbe bedeuten, wird bezähmt (im Yoga)
genannt. (06.08)
Es zeichnet sich aus, wer gleichgesinnt
ist gegenüber Freunden, Gefährten und Feinden, gegenüber neutralen und
unparteiischen Menschen, gegenüber Widersachern und Verwandten, Heiligen und
Sündern. (06.09)
WESENTLICH
IST DAUERNDE WACHSAMKEIT ÜBER
KÖRPER
UND GEIST
Der Yogin muß versuchen, seinen Geist beständig (auf das
höchste Selbst) zu richten, in der Einsamkeit verharrend, allein,
selbstgebändigt, frei von Begierden und (dem Verlangen nach) Besitztümern.
(06.10)
Er errichte sich an einem reinem Platze einen festen
Sitz, weder zu hoch noch zu niedrig, übereinander mit heiligem Grase, einem
Fell und einem Tuche bedekt. (06.11)
Er lasse sich auf diesem Sitze nieder, richte seinen
Geist auf einen Punkt, bezähme des Denken und die Sinne, und übe so, zur
Läuterung der Seele, den Yoga. (06.12)
Körper, Haupt und Hals aufrecht und unbeweglich haltend,
den Blick beständig auf die Nasenspitze richtend, ohne herumzuschauen (ohne
seine Blicke schweifen zu lassen), heiter und furchtlos, fest im Gelübde der
Enthaltsamkeit, dem Geist bezähmend, möge er dasitzen, seinen Geist auf mich
gerichtet, ausgeglichen, auf mich allein bedacht. (Siehe BP 4.29, 5.27, 8.10, und 8.12) (06.13-14)
Der Yogin, der seinen Sinn bezähmt, sich immer auf solche
Weise in Einklang hält, geht in den Frienden, in das in mir befindliche höchste
nirvāna ein. (06.15)
Der Yoga, wahrlich, ist nicht für einen bestimmt, der
zuviel ißt, oder sich des Essens zu sehr enthält. Er ist, o Arjuna, auch nicht
für jenen da, der zuviel schläft oder zuviel wacht. (06.16)
Wer in Ernährung und Vergnügungen mäßig ist, in seinen
Handlungen Zurückhaltung übt und Schaf und Wachen regelt, dem wird der alle
Leiden tilgende Yoga zuteil. (06.17)
DER
VOLLKOMMENE YOGIN
Wenn der von allen Begierden erlöste, gebändigte Geist
einzig im Selbst fest gegründet ist, wird er (durch Yoga) ausgeglichen genannt.
(06.18)
Eine Lampe an einem windstillen Orte flackert nicht. Mit
ihr wird der Yogin verglichen, der sein Denken bezähmt hält und die Vereinigung
mit dem höchsten Selbst (oder Selbstzucht) übt. (06.19)
Dieses, worin das Denken ruht, das durch Versenkungsübung
zurückgedrängt its, worin er das Selbst mit dem Selbst schaut und sich am
Selbst erfreut; (06.20)
Worin er dieses höchste Entzücken findet, das durch den
Verstand wahrnehmbare, jenseits aller Sinnesbereiche liegende, worin gegründet
er nicht mehr von der Wahrheit abweicht; (06.21)
Dieses, welches er für einen nicht mehr zu übertreffenden
Gewinn hält, sobald er es gewonnen hat, worin gegründet er selbst vom
schwersten Leide nicht erschüttert wird; (06.22)
Dieses möge man unter dem Namen Yoga erkennen, die
Loslösung aus der Verbundenheit mit dem Leiden. Mit Entschlossenheit und
unverdrossenem Gemüte übe man diesen Yoga. (06.23)
Indem er ausnahmslos alle aus dem (selbstsüchtigen)
Wollen entspringenden Begierden aufgibt, die Schar der Sinne mit dem Geiste auf
allen Seiten zurückhält; (06.24)
Möge er mittels des in Standhaftigheit gezügelten
Verstandes allmählich zur Ruhe kommen und, nachdem er den Geist auf das Selbst
gerichtet hat, an nichts anderes (mehr) denken. (06.25)
Was immer den schwankenden,
unbeständigen Geist herumschweifen läßt, möge er zurückdrängen und der
alleinigen Lenkung des Selbst unterwerfen. (06.26)
Denn dem Yogin, dessen Geist friedvoll ist, dessen
Leidenschaften gestillt sind, der fleckenlos und mit Gott eins geworden ist,
wird höchste Wonne zuteil. (06.27)
Idem er auf diese Weise das Selbst in Einklang bringt,
erfährt der Yogin, der die Sünde abgelegt hat, mühelos die unendliche Wonne der
Berührung mit dem Ewigen. (06.28)
Er, dessen Selbst durch Yoga in
Einklang gebracht ist, sieht das Selbst in allen Wesen wohnen und alle Wesen im
Selbst; überall sieht er dasselbe. (Siehe
4.35, 5.18) (06.29)
Wer mich überall sieht und alles in mir
sieht, dem gehe ich nicht verloren, noch geht er mir verloren. (06.30)
Der Yogin, der in der Einheit feststeht und mich als in
allen Wesen wohnend verehrt, lebt in mir, auf welche Weise er auch immer tätig
sein mag. (06.31)
Wer, o Arjuna, mit Gleichmut alles im
Bilde seines eigenen Selbst sieht, sei es in Freuden, sei es in Leiden, dieser
wird als ein vollkommener Yogin betrachtet. (06.32)
SINNEBEZÄHMUNG
IST SCHWIERIG, ABER MÖGLICH
Arjuna sagte: Für diesen Yoga, o Madhusūdana
(Kŗşna), von dem du erklärt hast, daß er in Gleichheit (Gleichmut) bestehe,
sehe ich ob der Wankelmütigkeit keinen festen Grund. (06.33)
Denn sehr wankelmütig ist der Geist, o Kŗşna,
stürmisch, stark und hartnäckig. Mir scheint, daß er ebenso schwer zu bändigen
ist wie der Wind. (06.34)
Der Erhabene sagte: O Starkarmiger (Arjuna),
ohne Zweifel ist der Geist schwer zu zügeln und ruhelos; doch kann er, o Sohn
der Kunti (Arjuna), durch beständige Übung und Nicht-Anhänglichkeit bezähmt
werden. (06.35)
Wer nicht selbstgezügelt ist, von dem ist der Yoga schwer
erlangbar, das meine ich auch. Er kann aber von demjenigen erlangt werden, der
selbstgezügelt ist und sich mit rechtenMitteln müht. (06.36)
Arjuna sagte: Wer, obschon gläubig, sich nicht bezähmen
kann und, indem sein Geist vom Yoga abschweift, die Vollendung im Yoga nicht erreicht,
welchen Weg geht ein solcher, o Kŗşna? (06.37)
Geht er nicht, o Starkarmiger (Kŗşna), wie eine
zerfetzte Wolke zugrunde, aus beiden herabgesunken, ohne Halt, verwirrt über
den Pfad, der zum Ewigen führt? (06.38)
Du, o Kŗşna, mußt mir diesen Zweifel vollkommen
zerstreuen; denn es gibt keinen anderen als dich, der diesen Zweifel vernichten
kann. (Siehe 15.15) (06.39)
Der Erhabene sprach: O Pârtha (Arjuna), ein solcher
Mensch erleidet keinen Untergang, weder in diesem Leben noch hernach; denn nie,
mein Freund, betritt einer, der Gutes tut, den Pfad des Elends. (06.40)
Ein Mann, der vom Yoga abgefallen ist, wird, nachdem er
in die Welt der Rechtschaffenen gelangt ist und hier sehr viele Jahre geweilt
hat, im Hause reiner und glücklicher Menschen wiedergeboren werden. (06.41)
Oder er mag in einer Familie weisheitsvoller Yogins
wiedergeboren werden. Denn eine solche Geburt ist hier auf Erden noch schwerer
zu erlangen. (06.42)
Hier gewinnt er die (geistigen) Eindrücke (der Vereinigung
mit dem Göttlichen) wieder, die er in seinem früheren Leben entwickelt hatte.
Und damit (als seinem Ausgangspunkt) strebt er, o Freude der Kurus (Arjuna),
aufs neue nach Vollendung. (06.43)
Durch seine frühere Übung wird er
unwiderstehlich weitergetragen. Auch der nach dem Yoga-Wissen Suchende geht
über die vedische Vorschrift hinaus. (06.44)
Der Yogin aber, der, von allen Sünden gereinigt, in
vielen Lebensläufen sich vollendend, mit Eifer strebt, erreicht sodann das
höchste Ziel. (06.45)
Der Yogin ist größer als die Asketen; er wird für größer
gehalten als die Erkennenden, größer als diejenigen, die rituelle Handlungen
vollziehen; werde darum ein Yogin, o Arjuna! (06.46)
Und von allen Yogins halte ich den, der
mich gläubig verehrt, mit seinem inneren Selbst in mir wohnt, für den (mir im
Yoga) am meisten verbundenen. (Siehe 12.02
und 18.66) (06.47)
Dies ist der sechste Abschnitt, genannt: der wahre Yoga.
7. Gott und die
Welt
GOTT
IST NATUR UND GEIST
Der Erhabene sagte: höre nun, o Pârtha (Arjuna), wie du
mich ganz und ohne Zweifel erkennen wirst, indem du Yoga übst, deinen Geist an
mich hängst, lich zur Zuflucht nimmst. (07.01)
Ich will dir diese Weisheit vollständig mitteilen
zusammen mit dem Wissen, nach dessen Erkenntnis hier nichts mehr zu erkennen
übrig bleibt. (07.02)
Unter tausend Menschen strebt kaum einer nach Vollendung,
und von denen, die darnach streben und Erfolg haben, kennt mich kaum einer
wirklich. (07.03)
DIE
ZWEI NATUREN GOTTES
Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther, Geist, Verstand und Selbst-Sinn:
dies ist meine achtfach geteilte Natur. (Siehe
13.05) (07.04)
Dies ist meine niedere Natur. Kenne, o
Starkarmiger (Arjuna), auch meine andere und höhere Natur, die Seele, durch
welche diese Welt getragen wird. (07.05)
Wisse, daß alle Wesen darin geboren
werden. Ich bin der Ursprung dieser ganzen Welt und bin ihre Auflösung. (Siehe 13.26) (07.06)
Nichts gibt es jemals, o
Schätzegewinner (Arjuna), das höher wäre als ich. Wie Edelsteinreihen auf einer
Schnur ist alles hienieden auf mich aufgereiht. (07.07)
Ich bin der Geschmack in den Wassern, o Sohn der Kunti
(Arjuna), ich bin das Licht in Mond und Sonne. Ich bin die Silbe Om in allen
Veden; ich bin der Ton im Äther und bin das Mannestum im Manne. (07.08)
Ich bin der reine Geruch der Erde und der Schein im
Feuer. Ich bin das Leben in allen Wesen und bin die Askese in den Asketen.
(07.09)
Wisse, o Pârtha (Arjuna), daß ich der ewige Same aller
Wesen bin. Ich bin der Verstand der Verständigen, ich bin der Glanz der
Glanzreichen. Siehe 9.18 und 10.39). (07.10)
Ich bin die Stärke der Starken, ohne Begierde und
Leidenschaft. Ich bin, o Herr der Bharatas (Arjuna), in den Wesen die Begierde,
welche mit dem Gesetze nicht im Widerspruch steht. (07.11)
Und was es auch immer für Zustände geben mag, seien sie
ausgeglichen (sâttvika),
leidenschaftlich (râjasa) oder trâge
(tâmasa), wisse, daß sie alle nur von
mir herrühen. Ich bin nicht in ihnen, sie sind in mir. (Siehe 9.04 und 9.05) (07.12)
DIE
ERSCHEINUNGSFORMEN DER NATUR VERWIRREN DIE MENSCHEN
Durch diese dreifachen Erscheinungsformen der Natur (gunas) wird dieze ganze Welt getäuscht
und erkennt mich nicht, der ich über ihnen stehe und unvergänglich bin. (07.13)
Diese meine göttliche mâyâ, die aus den
Erscheinungsformen besteht, ist schwer zu überwinden. Diejenigen aber, die zu
mir ihre Zuflucht nehmen, schreiten über sie hinaus. (Siehe 14.26, 15.19, und 18.66) (07.14)
DER
ZUSTAND DER ÜBELTÄTER
Die Übeltäter, die törichten, auf niedriger menschlicher
Stufe stehenden, deren Verstand von der Täuschung fortgerissen wird, und die an
der Natur der Dämonen teilhaben, suchen keine Zuflucht bei mir. (07.15)
VERSCHIEDENE
ARTEN DER VEREHRUNG
Die Tugendvollen, die mich verehren,
sind, o Herr der Bharatas (Arjuna), von vierfacher Art: der Bedrängte, der Wahrheitssucher,
der Güterbegehrende und der Weisheitssucher. (07.16)
Von diesen ist der Weise, der sich in ständiger
Vereinigung mit dem Göttlichen befindet, dessen Hingabe nur auf eines gerichtet
ist, der vorzüglichste. Denn ich bin ihm außerordentlich teuer, und er ist mir
teuer. (07.17)
Fürwahr, edel sind sie alle, aber der Weise ist mein
Selbst, so meine ich. Er ist vollkommen ausgeglichen und nimmt zu mir als dem
höchsten Ziele seine Zuflucht. (Siehe
9.29) (07.18)
Am Ende vieler Leben geht der Weisheitsvolle
zu mir ein, wissend, daß Vâsudeva (der höchste Gott) alles ist. Solch eine
große Seele ist schwer zu finden. (07.19)
GROSSMUT
Diejenigen aber, deren Geist von Begierden fortgerissen
wird, nehmen zu anderen Göttern ihre Zuflucht, indem sie, durch ihre eigene
Natur gezwungen, verschiedene Riten vollziehen. (07.20)
Welche Gestalt auch immer ein sich
fromm Hingebender gläubig zu verehren wünscht, ich befestige diesen seinen
Glauben. (07.21)
Mit diesem Glauben ausgestattet, sucht
er eine solche Gestalt sich geneigt zu machen, und von ihr erlangt er seine
Wünsche, die Wohltaten, die nur von mir allein verfügt werden. (07.22)
Zeitgebunden aber ist die Frucht, die diese geistig
beschränkten Menschen gewinnen. Die die Götter verehren, gehen zu den Göttern;
wer sich mir hingibt, kommt jedoch zu mir. (07.23)
DIE
MACHT DER UNWISSENHEIT
Menschen ohne Verstand stellen sich
mich, der unentfaltet ist, als entfaltet vor; sie kennen nicht meine höhere
Natur, die unveränderliche und erhabenste. (07.24)
Von meiner Schöpferkraft (yogamâyâ)
verhüllt, bin ich nicht allen sichtbar. Diese betörte Welt kennt mich nicht,
der ich ungeborenen und unveränderlich bin. (07.25)
Ich kenne die vergangenen Wesen, die gegenwärtigen, o
Arjuna, und die zukünftigen; mich aber kennt keiner. (07.26)
Alle Wesen, o Bhârata (Arjuna), sind zur Verblendung
geboren. Sie werden, o Feindbedränger (Arjuna), von den aus Begierde und Haß
entspringenden Gegensätzen überwältigt. (07.27)
DAS
OBJEKT DER ERKENNTNIS
Aber jene Menschen, die tugendvolle Taten vollbringen, in
denen die Sünde zu Ende gekommen ist (die der Sünde abgestorben sind), sie, die
vom Trug der Gegensätze befreit sind, verehren mich standhaft in ihren
Gelübden. (07.28)
Die ihre Zuflucht bei mir nehmen und nach Befreiung von
Alter und Tod trachten, sie kennen das Brahman (oder das Absolute) ganz, (sie
kennen) das Selbst und alle Werke. (07.29)
Die mich als den einen kennen, der die materiellen und
göttlichen Aspekte lenkt und alle Opfer, sie, deren Sinn in Einklang gebracht ist,
erkennen mich auch in der Stunde ihres Abscheidens (von hier). (07.30)
Dies ist das siebente Kapitel, genannt: Der Yoga der
Weisheit und der Erkenntnis.
8. DER GANG DER KOSMISCHENENTWICKLUNG
ARJUNA
FRAGT
Arjuna sagte: Was ist das Brahman (das Absolute)? Was ist
das Selbst, und was ist das Handeln, o bester aller Männer? Was heißt Bereich
der Elemente? Was heißt Bereich der Götter? (08.01)
Was ist der Bereich (Teil) des Opfers in diesem Körper,
und wie beschaffen, o Madhusûdana (Kŗşna)? Und wie kannst du von den
Selbstbezähmten in der Stunde ihres Hinscheidens erkannt werden? (08.02)
KRSNA
ANTWORTET
Der Erhabene sagte: Das Brahman (oder
das Absolute) ist unzerstörbar, das Höchste (höher als alles andere). Das
Selbst wird Wesensnatur genannt, und karman
ist der Name, der der schöpferischen Kraft gegeben wird, die alle Wesen ins
Dasein führt. (08.03)
Die Grundlage aller erschaffenen Dinge ist die
veränderliche Natur. Die Grundlage der göttlichen Elemente ist der kosmische
Geist. Und die Grundlage aller Opfer, o bester aller Verköperten (Arjuna), bin
ich selbst in diesem Körper hier. (08.04)
DIE
SEELE WANDERT DORTHIN, WORAUF SIE IM ZEITPUNKT
DER
AUFLÖSUNG GERICHTET IST
Und wer auch immer, nur meiner gedenkend, in der Stunde des
Todes seinen Körper aufgibt und hinscheidet, der gelangt in meinen
Wesenszustand. Darüber gibt es keinen Zweifel. (08.05)
An welchen (Seins) zustand er auch
immer denken mag, wenn er am Ende seinen Körper aufgibt, dieses Sein erlangt
er, o Sohn der Kunti (Arjuna), wenn er ständig in Gedanken darein versunken
ist. (08.06)
Darum denke zu allen Zeiten an mich und
kämpfe. Wenn dein Denken und dein Verstand auf mich gerichtet sind, wirst du
ohne Zweifel zu mir gelangen. (08.07)
Wer mit einem Geiste, der durch andauerndes Üben befähigt
worden ist und nicht nach anderem ausschweift, über den höchsten puruşa nachdenkt, der, o Pârtha (Arjuna), gelangt
zum höchsten, göttlichen puruşa.
(08.08)
Wer über den Seher nachdenkt, den alten, den Gebieter,
den Feineren als das Feinste, den Träger des Alls, dessen Gestalt unausdenkbar
ist, den Sonnenfarbenen, jenseits der Finsternis. (08.09)
Wer in der Stunde seines Hinscheidens so verfährt, mit
einem standhaften Geiste, in Hingabe und Yoga-Stärke, und seine Lebenskraft
richtig inmitten der beiden Augenbrauen festsetzt, der gelangt zum höchsten
göttmichen puruşa. (Siehe 04.29, 05.27, 06.13) (08.10)
Ich werde dir kurz den Zustand beschreiben, den
dieVeda-Kenner den unvergänglichen nennen, in den die von Leidenschaft
befreiten Asketen eingehen, und nach welchem verlangend sie ein Leben der
Selbstzucht führen. (08.11)
Wer, indem er alle Tore des Körpers
geschlossen hält, den Geist im Herzen zurückhält, seine Lebenskraft im Haupte
festsetzt und Yoga-Betrachtung unternimmt, (08.12)
Wer die einzige Silbe OM, (die das)
Brahman (ist), ausspricht und meiner gedenkt, wenn er seinen Leib verlassend
hingeht, dieser gelangt zum höchsten Ziel. (08.13)
Wer beständig über mich nachdenkt und
nichts anderes im Sinne hat, von einem solchen immer bezähmten (oder: mit dem
Allerhöchsten vereinten) Yogin bin ich, o Pârtha (Arjuna), leicht erreichbar.
(08.14)
Nachdem sie zu mir gekommen sind, gehen diese großen
Seelen nicht zur Wiedergeburt, der vergänlichen Stätte der Sorge, zurück. Denn
sie haben die höchste Vollendung erlangt. (08.15)
Alle Welten, vom Bereich des Brahman angefangen, sind der
Wiedergeburt unterworfen. Erreicht man aber mich, o Sohn der Kunti (Arjuna), so
gibt es keine Rückkehr zu neuer Geburt. (Siehe
09.25) (08.16)
Wer weiß, daß der Tag des Brahman die Dauer von tausend
Weltaltern hat und daß die Nacht (des Brahman) tausend Weltalter umfaßt, ist
ein Kenner des Tages und der Nacht. (08.17)
Bei Tagesanbruch kommen alle offenbaren Dinge aus dem
Unentfalteten hervor, und bei Hereinbruch der Nacht zergehen sie in diesem
selben, das das Unentfaltete heißt. (08.18)
Dieselbe Vielzahl von Lebewesen, o
Pârtha (Arjuna), die immer aufs neue entsteht, zergeht unabhelflich, wenn die
Nacht hereinbricht, und gelangt zu neuem Dasein, wenn der Tag beginnt. (08.19)
Aber jenseits dieses Unentfalteten gibt es noch ein
anderes unentfaltetes ewiges Wesen, welches nicht zugrunde geht, wenn alle
Wesen zugrunde gehen. (08.20)
Dieses Unentfaltete wird das Unvergängliche genannt. Man
spricht von ihm als dem höchsten Zustand. Die es erreichen, kehren nicht
zurück. Es ist meine höchste Wohnstätte. (08.21)
Dies ist, o Pârtha (Arjuna), der höchste puruşa, in welchem alle Wesen
wohnen, von dem all dies durchdrungen ist und (welcher) durch standhafte
Hingabe gewonnen werden kann. (08.22)
ZWEI
WEGE
Nun will ich dir, o bester der Bharatas (Arjuna),
erklären, zu welcher Zeit die Yogins hinscheidend nimmer wiederkehren, und auch
jene Zeit, in welcher sie hinscheidend wiederkehren. (08.23)
Das Feuer, das Licht, der Tag, die helle (Monatshälfte),
die sechs Monate des nördlichen Weges (der Sonne): hier fortschreitend gehen
die Menschen, die das Absolute kennen, in das Absolute ein. (08.24)
Der Rauch, die Nacht, und auch die dunkle (Monatshälfte),
die sechs Monate des südlichen Weges (der Sonne): hier fortschreitend erlangt
der Yogin das Mondlicht und kehrt zurück. (08.25)
Licht und Dunkelheit, diese Pfade
gelten als der Welt ewige (Pfade). Auf dem einen geht man zur Nichtwiederkehr,
auf dem anderen kehrt man zurück. (08.26)
Niemals, o Pârtha (Arjuna), gerät der Yogin, der diese
beiden Pfade kennt, in Verblendung. Ei darum zu allen Zeiten stark im Yoga, o
Arjuna. (08.27)
Da er dies alles erkannt hat, geht der Yogin über die
Früchte verdienstvoller Taten hinaus, die dem Veda-Studium, den Opfern,
Kasteiungen und Schenkungen zugeschrieben werden, und gelangt zur höchsten,
uranfänglichen Stätte. (08.28)
Dies ist das achte Kapitel, genannt: Der Yoga des
unvergänglichen Absoluten.
9. DER HERR IST MEHR ALS SEINE SCHÖPFUNG
DAS
OBERSTE GEHEIMNIS
Der
Erhabene sagte: Dir, der du nicht unwillig murrst, will ich dieses tiefe mit
Wissen versehene Weisheitsgeheimnis erklären, durch dessen Erkenntnis du vom
Übel erlöst werden wirst. (09.01)
Dies ist das erhabenste Geheimnis, das erhabenste Wissen,
die höchste Heiligkeit, durch unmittelbare Erfahrung erkannt, mit dem Gesetz
überreinstimmend, leicht auszuführen und unvergänglich. (09.02)
Die Menschen, die an diesen Pfad nicht glauben, gelangen
nicht zu mir und kehren, o Feindbedränger (Arjuna), auf den Pfad des
sterblichen Daseins (samsâra) zurück.
(09.03)
DER
FLEISCHGEWORDENEN HERR ALS HÖCHSTE WIRKLICHKEIT
Dieses ganze All ist von mir in meiner
unentfalteten Gestalt durchdrungen. Alle Wesen wohnen in mir, aber ich wohne
nicht in ihnen. (Siehe 7.12) (09.04)
Und (doch) wohnen die Wesen nicht in mir; siehe mein
göttliches Geheimnis. Mein Geist, der der Ursprung aller Wesen ist, erhält die
Wesen, wohnt aber nicht in ihnen. (09.05)
Wisse, daß in derselben Weise wie die
überalhin sich bewegende, mächtige Luft beständig im Ätherraum (âkâśa) wohnt, alle Wesen in mir
wohnen. (09.06)
Alle Wesen, o Sohn der Kunti (Arjuna), gehen am Ende der
Weltperiode in meine Natur ein. Und am Beginn der (nächsten) Weltperiode bringe
ich sie wieder hervor. (Siehe 8.17)
(09.07)
Auf meine eigene Natur gestützt, bringe ich wieder und
wieder dieze ganze Vielheit von Wesen hervor, welche hilflos und der Gewalt der
Natur (prakrti) ausgeliefert sind.
(09.08)
Und doch binden mich diese Werke nicht, o Schätzegewinner
(Arjuna). Denn ich sitze gleichsam unbeteiligt da und verhafte mich nicht an
diese Handlungen. (09.09)
Unter meiner Leitung bringt die Natur (prakrti) alle Dinge, bewegliche und
unbewegliche, hervor, und hierdurch, o Sohn der Kunti (Arjuna), bleicht die Welt
in Umlauf. (Siehe 14.03) (09.10)
HINGABE
AN DEN ALLERHÖCHSTEN BRINGT GROSSEN LOHN;
GERINGERE
HINGABE BRINGT GERINGEREN LOHN
Die Verblendeten verachten mich, der ich in einen
menschlichen Körper gekleidet bin, und kennen nicht meine höhere Natur als Her
aller Wesen (09.11)
Sie nehmen an der trügerischen Natur der Feinde und der
Dämonen teil, ihre Hoffnungen, ihre Handlungen und ihr Wissen sind vergeblich,
und sie haben keine Urteilskraft. (09.12)
Die Großherzigen, o Pârtha (Arjuna), die in der göttlichen
Natur verweilen und (mich als) den unvergänglichen Ursprung aller Wesen kennen,
verehren mich mit gesammeltem Geiste. (09.13)
Immerdar bezähmt, verehren sie mich, indem sie mich
verherrlichen, eifrig und standhaft in den Gelübden sind, sich hingebungsvoll
vor mir verneigen. (09.14)
Andere wieder opfern mit dem Opfer des Wissens und
verehren mich als den einen, als den Besonderen und als den Vielfältigen, nach
allen Seiten Blickenden. (09.15)
Ich bin die rituelle Handlung, ich bin das Opfer, ich bin
die Ahnenspende, ich bin das (Heil-) Kraut, ich bin die (heilige) Hymne, ich
bin auch die Schmelzbutter, ich bin das Feuer und ich bin der Opferguß. (09.16)
Ich bin der Vater dieser Welt, die Mutter, der Erhalter
und der Großvater. Ich bin das Objekt des Wissens, der Läuterer. Ich bin die
Silbe Om, und ich bin die rk, das sâman und ebenso das yajus. (Siehe 7.10 und 10.39) (09.17)
Ich bin das Ziel, der Träger, der Herr, der Zuschauer,
die Wohnung, die Zuflucht und der Freund. (Ich bin) der Ursprung und die Auflösung,
der feste Grund, die Ruhestätte und der unvergängliche Samen. (09.18)
Ich spende Hitze. Ich halte zurück und entsende den
Regen. Ich bin die Unsterblichkeit und bin der Tod. Ich bin, o Arjuna, sowohl
das Sein als auch das Nicht-Sein. (Siehe
13.12) (09.19)
Die Kenner der drei Veden, welche den Somasaft trinken,
von Sünde gereinigt sind und mich mit Opfern verehren, erflehen den Weg zum
Himmel. Sie erreichen die heilige Welt Indras (des Herrn des Himmels) und
genießen im Himmel göttliche Freuden. (09.20)
Nachdem sie die weite Himmelswelt genossen haben, gehen
sie (kehren sie), wenn ihre Verdienste erschöpft sind, in die Welt der
Sterblichen ein (zurück). So erlangen sie, nach Freuden begehrend, gemäß der
Lehre der drei Veden dasjenige, was veränderlich ist (der Geburt und dem Tode
unterworfen ist). (Siehe 8.25) (09.21)
Denjenigen aber, die mich verehren,
indem sie allein über mich nachdenken, diesen immer Beharrlichen bringe ich den
Erwerb dessen, was sie nicht besitzen, und Sicherheit in dem, was sie besitzen.
(09.22)
Selbst jene, die anderen Göttern anhangen und sie gläubig
verehren, auch sie, o Sohn der Kunti (Arjuna), opfern keinem anderen als mir
allein, obgleich sie es nicht nach dem wahren Gesetze tun. (09.23)
Denn ich bin der Genießer und der Herr aller Opfer. Aber
diese Menschen kennen mich nicht in meiner wahren Natur, und darum fallen sie.
(09.24)
Gottesverehrer gehen zu den Göttern; Ahnenverehrer gehen
zu den Ahnen, die den Geistern opfern, gehen zu den Geistern, und die mir
opfern, kommen zu mir. (Siehe 8.16) (09.25)
Wer immer mir verehrungsvoll ein Blatt,
eine Blume, eine Frucht oder Wasser opfert, ich nehme dieses liebevolle Opfer
eines Menschen reinen Herzens an. (09.26)
Was du tust, was du ißt, was du
opferst, was du verschenkst, welche Askese du treibst, volbringe es, o Sohn der
Kunti (Arjuna), als ein Opfer an mich. (Siehe
12.10, 18.46) (09.27)
So wirst du von den guten und bösen Folgen, welche die
Fesseln der Werke sind, erlöst werden. Deinen Geist fest auf den Pfad der
Entsagung gerichtet, wirst du befreit werden und zu mir gelangen. (09.28)
Ich bin derselbe in (ich gleiche) allen
Wesen. Keiner ist mir hassenswert, keiner lieb. Aber jene, die mich in Hingabe
verehren, sie sind in mir und ich bin in ihnen. (Siehe 7.18) (09.29)
Wenn er mich in aufmerksamer Hingabe
verehrt, kann sogar ein Mensch von sehr üblem Wandel als rechtschaffen gelten;
denn er hat sich recht entschlossen. (09.30)
Rasch wird er seine Seele der Rechtschaffenheit und
erlangt immerwährenden Frieden. Wisse, o Sohn der Kunti (Arjuna), daß nimmer
zugrunde geht, wer mir anhangt. (09.31)
Denn alle, die ihre Zuflucht in mir suchen, o Pârtha
(Arjuna), auch wenn sie Niedriggeborene, Frauen, Vaiśyas und Sûdras sind,
auch sie gelangen an das höchste Ziel.
(Siehe 18.66) (09.32)
Wieviel mehr erst die heiligen Brahmanen und die frommen
königlichen Weisen. Verehre mich, nachdem du in diese vergängliche, leidvolle
Welt eingetreten bist. (09.33)
Richte deinen Geist auf mich; sei mir
ergeben; berehre mich; huldige mir; nachdem du dich so gezügelt hast, wirst du,
mich zum Ziele habend, zu mir kommen. (09.34)
Dies ist das neunte Kapitel, genannt: Der Yoga des
Erhabensten Wissens und des erhabensten Geheimnisses.
10. Gott ist die Quelle von Allem: Ihn kennen heißt Alles kennen
IMMANENZ
UND TRANSZENDENZ GOTTES
Der
Erhabene sagte: Höre noch weiter, o Starkarmiger (Arjuna), auf mein
allerhöchstes Wort; Weil ich dir Gutes tun möchte, will ich es dir nun, da du
Gefallen (an meinen Worten) findest, erklären. (10.01)
Weder die Götterscharen noch die großen Seher kennen
meinen Ursprung, denn ich bin der Beginn der Götter und der großen Seher in
jeder Weise. (10.02)
Wer mich, den Ungeborenen, Anfanglosen, den mächtigen
Herrn der Welten, kennt, der ist unverblendet unter den Sterblichen und von
allen Sünden befreit. (10.03)
Verstand, Wissen, Nicht-Verblendung, Geduld, Wahrheit
Selbstbezähmung und Stille; Freude und Leid, Sein und Nicht-Sein, Furcht und
Furchtlosigkeit, (10.04)
Gewaltlosigkeit, Gleichmütigkeit, Zufriedenheit, Askese,
Mildtätigkeit, Ruhm und Schmach (sind) die verschiedenen Zustände der Wesen,
entspringen aus mir allein. (10.05)
Die sieben großen Weisen der Vorzeit und auch die vier
Manus haben meine Natur und sind meinem Geiste geboren; und von ihnen stammen
alle diese Geschöpfe der Welt. (10.06)
Wer diese meine Herrlichkeit (Offenbarung) und Kraft
(ständige Tätigkeit) wahrheitsgemäß erkennt, der wird durch unerschütterlichen
Yoga (mit mir) vereint. Darüber besteht kein Zweifel. (10.07)
ERKENNTNIS
UND HINGABE
Ich bin der Ursprung von allem; aus mir
geht alles (die ganze Schöfung) hervor. Dies wissend verehren mich die Weisen,
die im Besitze der Überzeugung sind.
(10.08)
Ihre Gedanken (sind) auf mich gerichtet, ihr Leben (ist)
mir hingegeben, einander erleuchtend und ständig von mir sprechend, sind sie
zufrieden und erfreuen sich (an mir). (10.09)
Diesen, die immerdar hingegeben sind und mich in Liebe
verehren, gewähre ich die Versenkung des Verstandes, durch welche sie zu mir
gelangen. (10.10)
Aus Mitleid mit diesen zerstöre ich, in meinem wahren
Zustand verweilend, mit der leuchtenden Lampe der Weisheit die aus der
Unwissenheit geborene Finsternis. (10.11)
DER
HERR IST DER SAME UND DIE VOLLKOMMENHEIT
ALLES
SEIENDEN
Arjuna sagte: Du bist das höchste Brahman, die höchste
Wohnstätte und der höchste Läuterer, der ewige, göttliche puruşa, der erste derGötter, der Ungeborene,
Allesdurchdringer. (10.12)
Dies sagen alle Weisen von dir, ebenso der göttliche
Seher Nârada, und auch Asita, Devala, Vyâsa; und du selbst erklärst es mir.
(10.13)
Alles was du mir sagst, o Kesava (Krsna), halte ich für
wahr; weder die Götter noch die Dämonen kennen deine Offenbarung, o Herr.
(10.14)
Wahrlich, du selbst kennst dich selbst
durch dich selbst, o höchster puruşa:
der Ursprung aller Wesen, der Herr der Geschöpfe; der Gott der Götter; der Herr
der Welt. (10.15)
Du sollst mir ohne Auslassung von deinen göttlichen
Offenbarungen erzählen, durch welche du, diese Welten durchdringend, (in ihnen
und jenseits) wohnst. (10.16)
Wie kann ich dich, o Yogin, durch beständige Versenkung
erkennen? In welchen mannigfaltigen Aspekten soll ich dich, o Erhabener,
denken? (10.17)
Berichte mir noch weiter im einzelnen von deiner Macht
und Offenbarung, o Janârdana (Krsna); denn ich bin vom Hören deiner nektargleichen
Rede nicht gesättigt. (10.18)
Der Erhabene sagte: Ja, ich will dir meine göttlichen
Gestalten erklären, aber nur jene, die am meisten hervorragen, o bester der
Kurus (Arjuna); denn meiner Ausbreitung (meinen Einzelheiten) ist kein Ende
gesetzt. (10.19)
Ich bin, o Gudakesa (Arjuna), das Selbst, das im Herzen
aller Geschöpfe wohnt. Ich bin der Beginn, die Mitte und das Ende der Wesen.
(10.20)
Von den
Âdityas bin ich Visnu; von den Lichtern (bin ich) die strahlende Sonne; ich bin
Marîci von den Maruts, von den Sternen bin ich der Mond. (10.21)
Von den
Veden bin ich der Sâmaveda; von den Göttern bin ich Indra; von den Sinnen bin
ich der Geist und in den Lebewesen bin ich das Bewußtsein. (10.22)
Von den
Rudras bin ich Samkara (Siva); von den Yakşas und Râkşassas (bin ich)
Kubera; von den Vasus bin ich Agni (Feuer) und von den Berggipfeln bin ich der
Meru. (10.23)
Erkenne mich als den obersten der Hauspriester,
Brhaspati; von den Heerführern bin ich Skanda, von den Seen bin ich der Ozean.
(10.24)
Von den großen Weisen bin ich Bhrgu; von den Worten bin
ich die eine Silbe Om; von den Opfern bin ich des Opfer der stillen Versenkung;
un von den unbeweglichen Dingen (bin ich) der Himâlaya. (10.25)
Von allen Bäumen (bin ich) der Asvattha, und von den göttlichen
Sehern (bin ich) Nârada; unter den Gandharvas (bin ich) Citraratha, und von den
Vollkommenen (bin ich) Kapila, der Weise. (10.26)
Von den Pferden erkenne mich als den nektargeborenen
Uccaihsravas; von den Elephanten-Fürsten (bin ich) Airâvata, und von den
Menschen (bin ich) der König. (10.27)
Von den Waffen bin ich der Donnerkeil; von den Kühen bin
ich die Wunschkuh; von den Zeugenden bin ich der Liebesgott, von den Schlangen
bin ich Vâsuki. (10.28)
Von den Nâgas bin ich Ananta; von den Wasserbewohnern bin
ich Varuna; von den (abgeschiedenen) Vorfahren bin ich Aryaman; von den das
Gesetz und die Ordnung aufrecht Erhaltenden bin ich Yama. (10.29)
Von den Titanen bin ich Prahlâda; von den Berechnenden
bin ich die Zeit; von den Tieren bin ich der König der Tiere (Löwe), und von
den Vögeln (bin ich) der Sohn der Vinantâ (Garuda). (10.30)
Von der Läuterern bin ich der Wind; von den Kriegern bin
ich Râma; von des Fischen bin ich der Alligator, und von den Strömen bin ich
der Ganges. (10.31)
Von den Schöpfungen bin ich der Anfang, das Ende und auch
die Mitte, o Arjuna; von den Wissenschaften (bin ich) die Wissenschaft vom
Selbst; ich bin Sprache jener, die disputieren. (10.32)
Von den Buchstaben bin ich (der Buchstabe) A und von den
Komposita (bin ich) das kopulative Kompositum;
ich bin auch die unvergängliche Zeit, und ich bin der Schöpfer, dessen
Antlitz nach allen Seiten gerichtet ist. (10.33)
Ich bin der allesverschlingende Tod und (bin) der
Ursprung der Dinge, die sein werden; und von den weiblichen Wesen (bin ich) die
Berühmtheit, die Wohlfahrt, die Rede, die Erinnerung, die Intelligenz, die
Stärke und die Langmut. (10.34)
Ebenso bin ich von den Hymnen das brhatsâman, von den Metren die gâyatri;
von den Monaten (bin ich) mârgasişa,
und von den Jahreszeiten bin ich der Blumenträger (Frühling). (10.35)
Von dem Betrügerischen bin ich das
Spiel; von dem Glänzenden der Glanz; ich bin der Sieg; ich bin die Anstrengung
und ich bin die Güte der Guten. (10.36)
Von den Vrsnis bin ich Vâsudeva; von den Pândavas (bin ich)
der Schätzegewinner (Arjuna); von den Sehern bin ich auch Vyâsa, und von den
Dichtern (bin ich) der Dichter Usanas. (10.37)
Von den Züchtigenden bin ich die Rute (der Züchtigung);
von den nach Sieg Strebenden bin ich die kluge Politik; von den Geheimnissen
bin ich das Schweigen und von den Weisheitskennern die Weisheit. (10.38)
Und was ferner der Same aller Lebewesen ist, das bin ich,
o Arjuna; auch gibt es nichts Bewegliches und Unbewegliches, das ohne mich
existieren kann. (10.39)
Meinen göttlichen Offenbarungen ist kein Ende gesetzt, o
Feinbedränger (Arjuna). Was ich (hier) erklärt habe, soll nur ein
veranschaulichendes Beispiel meiner unendlichen Herrlichkeit sein. (10.40)
Welches mit Herrlichkeit, Schönheit und Kraft
ausgestattete Wesen es auch immer geben mag, wisse daß es aus einem Teile
meines Glanzes entsprungen ist. (10.41)
Aber was brauchst du, o Arjuna, ein so ausführliches Wissen? Ich trage dieses ganze All, indem ich
es mit einem einzigen Teil meines Selbst durchdringe. (10.42)
Dies ist das zehnte Kapitel, genannt: Der Yoga der
Offenbarung.
11.
DIE VERKLÄRUNG DES HERRN
ARJUNA
BEGEHRT, GOTT IN SEINER ALLUMFASSENDEN GESTALT ZU SEHEN
Arjuna sagte: Das höchste Geheimnis, die Rede über höchste
Selbst, die du mir gnädigerweise mitgeteilt hast: durch sie its meine
Verwirrung von mir gewichen. (11.01)
Ich habe von dir ausführlich über die Beburt und das
Hinschwinden der Dinge gehört, ebenso auch über deine unvergängliche
Herrlichkeit, o Lotusäugiger (Kŗşna). (11.02)
Was du von deinem Sein ausgesagt hast,
o höchster Herr, ist wirklich so. (Doch) begehre ich dernach, deine göttliche
Gestalt zu sehen, o höchster puruşa.
(11.03)
Wenn du glaubst, o Herr, daß es von mir gesehen werden
kann, dann enthülle mir dein unvergängliches Selbst, o Herr des Yoga
(Kŗşna). (11.04)
DIE
OFFENBARUNG DES HERRN
Der Erhabene sagte: Erblicke, o Pârtha (Arjuna), meine
Gestalten, hundertfältig, tausendfältig, verschiedenartig, göttlich, von
verschiedenen Farben und Formen. (11.05)
Erblicke die Âdityas, die Vasus, die Rudras, die zwei
Aśvins und auch die Maruts. Erblicke, o Bhârata (Arjuna), viele vorher nie
gesehene Wunder. (11.06)
Erblicke heute das ganze Universum, das bewegliche und
das unbewegliche und was du sonst noch zu schauen begehst, o Gudâkeśa
(Arjuna), hier in meinen Körper vereinigt. (11.07)
Doch kannst du mich nicht mit diesem
deinem (menschlichen) Auge erblicken. Ich will dir das übernatürliche Auge
verleihen. Schaue meine göttliche Macht. (11.08)
SAMJAYA
BESCHREIBT DIE GESTALT
Samjaya sagte: Nachdem er so gesprochen hatte, o König,
enthüllte Hari, der große Herr des Yoga, dem Pârtha (Arjuna) seine höchste und
göttliche Gestalt: mit vielen Mündern und Augen, mit vielen wunderbaren
Gesichten, mit vielem himmlischen Schmuck, mit vielen emporgestreckten
göttlichen Waffen, himmlische Kränze und Gewänder tragend, mit himmlischen
Düften und Salben, aus allen Wundern bestehend, strahlend, grenzenlos, das
Antlitz nach allen Seiten gerichtet. (11.09-11)
Würde am Himmel plötzlich das Licht von tausend Sonnen
aufflammen, so würde vielleicht dies dem Glanze jenes erhabenen Wesens
gleichkommen. (11.12)
Da schaute der Pândava (Arjuna)das ganze Universum mit
seinen mannigfachen Teilen in einem einzigen vereinigt, in dem Körper des
Gottes der Götter. (Siehe 13.16, und
18.20) (11.13)
ARJUNA
SPRICHT ZU GOTT
Dann sagte der Schätzegewinner (Arjuna), von Staunen
ergriffen, mit sich sträubenden Haaren, sein Haupt vor dem Herrn verneigend,
mit (zum Gruß) gefalteten Händen: (11.14)
Arjuna sagte: In deinem Körper, o Gott, sehe ich alle
Götter und ebenso die verschiedenen Scharen von Wesen, Brahman, den Herrn, der
auf dem Lotusthron sitzt, und alle die Weisen und die himmlischen Nâgas.
(11.15)
Ich sehe dich mit nach allen Seiten unendlicher
Gestalt, mit zahllosen Armen, Bäuchen, Gesichtern und Augen; aber dein Ende
oder deine Mitte oder deinen Beginn sehe ich nicht, o Herr des Alls, o
allumfassende Gestalt. (11.16)
Ich sehe dich mit deiner Krone, deiner Keule und deinem
Diskus, wie eine Lichtflut überallhin leuchtend, schwer zu erkennen, nach allen
Seiten hin (blendend) mit den Lichtstrahlen des flammenden Feuers und der
Sonne, unvergleichlich. (11.17)
Du bist der Unvergängliche, das zu erfassende Höchste, du
bist die letzte Ruhestätte des Alls; du bist der unsterbliche Hüter des ewigen
Gesetzes, du bist, so meine ich, der immerwährende puruşa.(11.18)
Ich sehe dich als einen ohne Anfang, Mitte oder Ende, von
unendlicher Macht, mit zahllosen Armen, mit Sonne und Mond als deinen Augen,
mit einem Antlitz wie flammendes Feuer, dessen Schein dieses ganze All
versengt. (11.19)
Von dir allein wird dieser Zwischenraum zwischen Himmel
und Erde durchdrungen, ebenso alle Gegenden (Himmelsrichunggen). O Erhabener,
die drei Welten erzittern, wenn diese deine wunderbare, schreckliche Gestalt
erblicken. (11.20)
Jene Götterscharen treten in dich ein, und einige preisen
dich furchtvoll mit gefalteten Händen, und die Scharen der göttmichen Seher und
Vollkommenen rufen dir „Heil“ und beten dich an mit Hymnen überquellenden
Lobes. (11.21)
Die Rudras, die Âdityas, die Vasus, die Sâdhyas, die
Viśvas, die beiden Aśvins, die Maruts und die Manen, und die Scharen
der Gandharvas, der Yakşas, Asuras und Siddhas, sie alle schauen dich an
und staunen. (11.22)
Sehen sie deine große Gestalt, mit vielen Mündern und
Augen, o Starkarmiger, mit vielen Armen, Schenkeln und Füßen, mit vielen
Bäuchen, durch viele Fangzähne schreckerregend, so erzittern die Welten, und
ich ebenso. (11.23)
Wenn ich dich ansehe, der du den Himmel berührst, in
vielen Farber: erstrahlst, mit weit geöffneten Mündern und großen glühenden
Augen, so erzittert meine innerste Seele, und ich finde keinen Halt und keine
Ruhe, o Visnu! (11.24)
Wenn ich deine wegen der Fangzähne schreklichen Münder,
wie die verzehrenden Flammen der Zeit, betrachte, verliere ich mein Ortsgefühl
und finde keinen Frieden. Sei gnädig, o Herr der Götter, Zuflucht der Welten!
(11.25)
Alle jene Söhne des Dhrtarâstra, zusammen mit den Scharen
der Könige, und auch Bhîsma, Drona und Karna, gemeinsam mit den besten Kriegern
auf unserer Seite – (11.26)
Stürzen in deine furchtbaren Münder mit den schrecklichen
Fangzähnen. Man sieht einige, die sich zwischen den Zähnen verfangen haben, ihre
Köpfe zu Staub zermalmt. (11.27)
Wie die vielen reißenden Wasserfluten der Flüsse dem
Meere entgegeneilen, so stürzen diese Helden der Welt in deine flammenden
Münder. (11.28)
Wie Motten eilig in ein flammendes Feuer stürzen, um dort
vernichtet zu werden, so stürzen zu ihrer eigenen Zerstörung diese Männer mit
großer Hast in deine Münder. (11.29)
Mit deinen flammenden Mündern verschlingst du allerorts
die Welten und leckst sie auf. Deine glühenden Strahlen erfüllen dieses ganze
All und versengen es mit ihrem glutvollen Schein, o Visnu! (11.30)
Sage mir an, wer du in dieser schrecklichen Gestalt bist.
Heil sei dir, o du große Gottheit; sei gnädig! Ich begehre darnach, dich zu
kennen, (der du) der Uranfängliche (bist), den ich kenne dein Wirken nicht. (11.31)
GOTT
ALS RICHTER
Der Erhabene sagte: Ich bin die Zeit, die
weltzerstörende, reifgewordene, damit beschäftigt, die Welt zu unterwerfen.
Auch ohne dich (dein Handeln) werden alle in den gegnerischen Heeren
aufgestellten Krieger zu sein aufhören. (11.32)
Darum erhebe dich und erringe Ruhm. Besiege deine Feinde
und genieße ein blühendes Königtum. Sie sind bereits von mir geschlagen. Sei du
nur mehr der Anlaß, o Savyasâcin (Arjuna) (11.33)
Erschlage den Drona, Bhîsma, Jayadratha, Karna und auch
die anderen großen Krieger, die bereits von mir gerichtet sind. Habe keine
Furcht! Kämpfe! Du wirst die Feinde in der Schlacht besiegen. (11.34)
Samjaya sagte: Nachdem Kiritin (Arjuna) die Rede
Keśavas (Kŗşna) vernommen hatte, grüßte er ihn zitternd und mit
gefalteten Händen wieder und sprach, sich furchtvoll niederwerfend, mit
stockender Stimme zu Kŗşna. (11.35)
ARJUNAS
PREISLIED
Arjuna sagte: O Hrsikeśa (Kŗşna), mit
Recht erfreut und entzückt sich die Welt daran, dich zu verherrlichen. Die
Râksasas (Dämonen) fliehen erschreckt nach allen Richtungen, und alle die
Scharen der Vollkomenen verneigen sich vor dir (verehrungsvoll). (11.36)
Und wie sollten sie dir nicht huldigen, o Erhabener, der
du größer bist als Brahman, der erste Schöpfer? O unendliches Wesen, Herr der
Götter, Zuflucht des Alls, du bist das Unvergänliche, das Sein und das
Nicht-Sein und was jenseits desselben liegt. (Siehe 9.19) (11.37)
Du bist der erste der Götter, der Ur-puruşa, die höchste Ruhestätte der Welt. Du bist der Kenner und
das zu Erkennende und das höchste Ziel. Und von dir ist dieses All
durchdrungen, o du von unendlicher Gestalt. (11.38)
Du bist Vâya (der Wind), Yama (der Zerstörer), Agni (das
Feuer), Varuna (der Gott des Meeres) und Saśanka (der Mond) und Prajâpati,
der Urwater (von allem). Heil dir, tausenmal Heil! Immer und immer wieder Heil,
Heil dir! (11.39)
Heil dir vorne, (Heil) dir hinten und Heil dir auf allen
Seiten, o All! Du, von grenzenloser Kraft und unermeßlicher Macht, durchdringst
alles und bist darum das All. (11.40)
Was ich auch immer in Übereilung zu dir gesagt habe,
denkend, du seist mein Gefährte, und uneingedenk dieser (Tatsache) deiner
Größe, „o Kŗşna, o Yâdava, o Freund „sei es aus meiner Nachlässigkeit
oder auch aus Zuneigung heraus, (11.41)
Und was ich dir auch immer scherzhafterweise an
Mißachtung zuteil werden ließ, beim Spiel oder auf den Bette oder lagernd oder
beim Essen, entweder allein oder in Gegenwart anderer, o Unerschütterlicher,
ich bitte dich, den Unermeßlichen, um Vergebung all dessen. (11.42)
Du bist der Vater der beweglichen und der unbeweglichen
Welt. Du bist der Gegenstand ihrer Verehrung und deren würdevoller Lehrer.
Keiner ist dir gleich. Wie könnte je einer größer sein als du in den drei Welten,
o du unvergleichlich Großer! (11.43)
Darum verbeuge ich mich und werfe meinen Körper vor dir
nieder, o anbetungswürdiger Herr. Ich suche deine Gnade. Wie ein Vater mit
seinen Sohne, wie ein Freund mit seinem Freunde, wie ein Liebender mit seiner
Geliebten sollst du, o Gott, Nachsicht mit mir haben. (11.44)
Ich habe nie zuvor Gesehenes gesehen und freue mich, aber
mein Herz ist von Angst aufgewüchlt. Zeige mir deine andere (frühere) Gestalt,
o Gott, und sei gnädig, o Herr der Götter und Zuflucht des Alls! (11.45)
Ich möchte dich wie vorhin erblicken, mit deiner Krone,
mit der Keule und mit dem Diskus in der Hand. Nimm deine vierarmige Gestalt an,
o du Tausendarmiger und Allgestaltiger! (11.46)
GOTTES
GNADE UND TRÖSTUNG
Durch meine Gnade, durch meine götliche Kraft habe ich
dir, o Arjuna, die höchste, lichtvolle, allumfassende, unendliche und
uranfängliche Gestalt gezeigt, die noch keiner außer dir gesehen hat. (11.47)
Weder durch die Veden, (noch durch) Opfer, noch durch
Studium, noch durch Gaben, noch durch Riten, noch durch strenge Askese vermag
ich in dieser Gestalt von irgendeinem anderen als dir in der Menschenwelt
gesehen zu werden, o Held der Kurus (Arjuna). (11.48)
Habe keine Angst, sei nicht verwirrt, wenn du diese meine
schreckliche Gestalt erblickst. Betrachte frei von Furcht und frohen Herzens
diese meine andere (frühere) Gestalt. (11.49)
Samjaya sagte: Nachdem er so zu Arjuna gesprochen hatte,
enthüllte Vâsudeva (Kŗşna) ihm wiederum seine eigene Gestalt. Indem
er wieder seine Gnadengestalt angenomen hatte, tröstete der Erhabene den
erschrockenen Arjuna. (11.50)
Arjuna sagte: Indem ich, o Janârdana (Kŗşna),
wieder diese deine menschliche, freundliche Gestalt erblicke, sammle ich mich
und gelange in meinen natürlichen Zustand zurück. (11.51)
Der Erhabene sagte: Du hast diese meine Gestalt geschaut,
die in Wahrheit schwer zu schauen ist. Selbst die Götter begehren darnach,
diese Gestalt zu sehen. (11.52)
In dieser Gestalt, in der du mich nun
geschaut hast, kann ich weder durch die Veden, noch durch Askese, noch durch
Gaben, noch durch Opfer erblickt werden. (11.53)
Man kann mich aber, o Arjuna, durch
wankellose Hingabe an mich in dieser Weise erkennen, mich in Wahrheit schauen
und in mich eingehen, o Feindbedränger (Arjuna). (11.54)
Wer für mich wirkt, wer mich als sein
Ziel betrachtet, wer mich verehrt, frei von Anhänglichkeit und ohne Feindschaft
gegen alle Geschöpfe ist, dieser gelangt zu mir, o Pândava (Arjuna). (Siehe 8.22) (11.55)
Dies ist das elfte Kapitel, genannt: Die Anschauung der
kosmischen Gestalt.
12.
VEREHRUNG DES PERSÖNLICHEN GOTTES
IST BESSER
ALS MEDITATION ÜBER DAS ABSOLUTE
HINGABE UND BETRACHTUNG
Jene
Hingebungsvollen, die dich in anhaltenden Ernste verehren, und jene auch, (die)
das Unvergängliche und Unoffenbare (verehren), welche von diesen (beiden) haben
das größere Wissen vom Yoga? (12.01)
Der Erhabene
sagte: Jene, die mich mit auf mich gerichtetem Geiste, in anhaltendem Ernste
und im Besitze des höchsten Glaubens verehren, diese betrachte ich als am
meisten im Yoga vollkommen. (Siehe 6.47) (12.02)
Aber jene, die das
Unvergängliche, das Undefinierbare, das Unoffenbare, das Allgegenwärtige, das
Undenkbare, das Unveränderliche und das Unbewegliche, das Beständige verehren, indem
sie alle Sinne bezähmen, in allen Lagen gleichmütig sind, sich an der Wohlfahrt
aller Geschöpfe erfreuen, diese gelangen (genau so wie die anderen) gewißlich
zu mir. (12.03-04)
Die
Beschwerden jener, deren Gedanken sich auf das Nicht-Offenbare richten, sind
größer; denn schwer erreichbar ist das Ziel des Nicht-Offenbaren für
verkörperte (Wesen). (12.05)
VERSCHIEDENE ARTEN DES NAHEKOMMENS
Jene aber, die alle
ihre Handlungen auf mich laden, die, auf mich bedacht, über mich nachsinnend,
mit unerschütterlicher Hingabe Verehrung üben, diese, o Pârtha (Arjuna), deren
Gedanken auf mich gerichtet sind, erlöse ich geradewegs aus dem Meere des
todgeweihten Daseins. (12.6-7)
Richte deinen Geist
allein auf mich, lasse deine Vernunft in mir Wohnung nehmen. Du sollst nachher
in mir leben. Darüber gibt es keinen Zweifel. (12.08)
Wenn du aber nicht in
der Lage bist, dein Denken beständig auf mich zu richten, dann suche mich, o
Schätzegewinner (Arjuna), durch Versenkungsübung zu erlangen. (12.09)
Wenn du auch unfähig bist,
mich durch Übung zu suchen, dann sei einer, der im Dienste an mir sein höchstes
Ziel hat. Auch indem du um meinetwillen Handlungen vollbringst, wirst du die
Vollendung erreichen. (12.10)
Wenn du auch dieses zu
tun unfähig bist, dan entsage mit bezähmenten Selbst der Frucht alles Handelns,
indem du Zuflucht zu meinen gebändigten Tätigsein nimmst. (12.11)
Besser,
fürwahr, als die Übung (der Versenkung) ist Wissen; besser als Wissen ist
Betrachtung; besser als Betrachtung ist Entsagung in bezug auf die Frucht des
Handelns; der Entsagung (folgt) sogleich der Friede. (Siehe 18.02, 18.09) (12.12)
DER WAHRE FROMME
Wer keinem Wesen
gegenüber böse gesinnt ist, wer freundlich und mitleidsvoll ist, frei von
Egoismus und Selbstsucht, gleichmütig in Leid und Freude und geduldig ist,
diesen Yogin, der stets zufrieden ist, selbstbezähmt und unerschütterlichen
Entschlusses, der Sinn und Vernunft an mich hingegeben hat, ihn, meinen
Verehrer, liebe ich. (12.13-14)
Er, vor dem die Welt
nicht zurückweicht, und der vor der Welt nich zurückweicht, und der frei von
Freude und Zorn, Furcht und Aufregung ist, ihn liebe ich. (12.15)
Er, der nichts
erwartet, der rein, geschickt im Handeln, unbekümmert und sorglos ist, der
allen Unternehmungsgeist (zu handeln) aufgegeben hat, ihn, meinen Verehrer,
liebe ich. (12.16)
Er, der weder Freude
hat, noch Haß empfindet, der weder trauert, noch begehrt, der dem Guten und dem
Bösen abgeschworen hat, ihn liebe ich, der mir so ergeben ist. (12.17)
Er, der gegenüber Feind
und Freund (sich) gleich (verhält), auch gegenüber guter und schlechter
Nachrede, und der in Kälte und Hitze, Freude und Schmerz derselbe bleibt, under
der frei von Anhänglichkeit ist, er, der Tadel und Lob für gleich hält, der
schweigsam (zurückheltend im Reden) ist, der sich mit allem begnügt (was ihm
begegnet), der keine feste Heimstatt hat, jedoch festen Verstandes ist, ihn,
den Hingegebenen, liebe ich. (12.18-19)
Diejenigen aber, welche
gläubig, mich als ihr höchstes Ziel betrachtend, dieser unsterblichen Weisheit
folgen, diese Hingegebenen liebe ich außerordentlich. (12.20)
Dies ist das zwölfte
Kapitel, genannt: Der Yoga der Hingabe.
13. DIE
UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN
DEM KÖRPER ALS DEM
FELDE UND DER SEELE
ALS DEM KENNER DES FELDES
DAS
FELD UND DER KENNER DES FELDES
Arjuna sagte: prakrti
und puruşa, das Feld und den
Kenner des Feldes, das Wissen und den Gegenstand des Wissens, diese möchte ich
gerne kennenlernen, o Keśava (Kŗşna).
In einigen Ausgaben fehlt diese Strophe. Ś. Kommentiert sie nicht.
Wird sie miteingerechnet, so beläuft sich die Gesamtzahl der
Bhagavadgîtâ-Strophen auf 701 und nicht auf 700, welches die durch die
Überlieferung angenommene Zahl darstellt. Wir rechnen sie daher bei der
Strophenzählung nicht mit.
Der Erhabene sagte: Dieser Körper, o Sohn der Kunti
(Arjuna), wird das Feld genannt, und ihn, der dieses kennt, nennen die
Wissenden den Kenner des Feldes. (13.01)
Erkenne mich, o Bhârata (Arjuna), als
den Kenner des Feldes in allen Feldern. Das Wissen vom Felde und seinem Kenner
erachte ich als wahres Wissen. (13.02)
Höre nun in Kürze von mir, was das Feld ist, von welcher
Art es ist, welches seine Umwandlungen sind, woher es stammt, was er (der
Kenner des Feldes) ist, und welche Kräfte er besitzt. (13.03)
DIE
BESTANDTEILE DES FELDES
Dies ist von den Weisen auf vielfache Art und einzeln in
verschiedenen Hymnen besungen worden und ebenso in den wohlbegründeten und
überzeugenden Formulierungen der Lehrsprüche über das Absolute (brahmasûtra). (13.04)
Die großen (fünf groben) Elemente, der Selbst-Sinn, die
Vernunft und ebenso das Nicht-Offenbare, die zehn Sinne und das Denkorgan und
die fünf Sinnesobjekte; Begierde und Haß, Freude und Leid, das Aggregat (der
Organismus), die Intelligenz und die Standhaftigkeit: damit ist in Kürze das
Feld mit seinen Umwandlungen beschrieben. (Siehe 7.04) (13.05-06)
WISSEN
Demut (Nicht-Stolz), Unbescholtenheit (Nicht-Täuschung),
Gewaltlosigkeit, Geduld, Aufrichtigkeit, dienende Verehrung des Lehrers,
Reinheit (von Körper und Geist), Beständigkeit und Selbstbeherrschung,
Gleichgültigkeit gegenüber allen Sinnesobjekten, Selbstaufgabe und Einsicht in
das Übel von Geburt, Tod, Alter, Krankheit und Leiden, (13.07-08)
Nicht-Anhänglichkeit, Nichthaften an Sohn, Weib und Heim
und dergleichen, un andauernder Gleichmut gegenüber allen erwünschten und
unerwünschten Vorfällen, unerschütterliche Hingabe an mich in vollkommener
Selbstzucht, Aufsuchen einsamer Orte, Abneigung gegen Ansammlungen von
Menschen. Beharrlichkeit in der Erkenntnis des Geistes, Einsicht in das Endziel
des Wissens von der Wahrheit: dies wird als (wahres) Wissen bezeichnet, und
alles, was davon verschieden ist, gilt als Nicht-Wissen. (13.09-11)
Ich will dir beschreiben, was das zu Wissende ist,
welches wissend man das ewige Leben erwirbt. Es ist das höchste Brahman,
welches anfanglos ist und weder als seiend noch als nichtseiend bezeighnet
wird. (Siehe 9.19, 11.37, und 15.18) (13.12)
DER
KENNER DES FELDES
Alles umhüllend wohnt es in der Welt, mit Händen un Füßen
überall, mit Augen, Köpfen und Gesichtern allerorts, mit Ohren allerorts.
(10.13)
Es scheint die Eigenschaften aller Sinne zu haben und ist
doch ohne (irgendeinen) Sinn; es hängt an nichts und trâgt doch alles, ist frei
von den gunas (Erscheinungsformen der prakrti), und genießt sie dennoch.
(13.14)
Es ist außerhalb und innerhalb aller Wesen. Es ist
unbeweglich und doch beweglich. Es ist zu fein, um erkannt zu werden. Es ist
ferne und dennoch nahe. (13.15)
Es ist ungeteilt (unteilbar) und scheint doch unter die
Wesen aufgeteilt zu sein. Man erkenne es als das, was die Geschöpfe erhält,
vernichtet und neu erschafft. (Siehe
11.13, und 18.20) (13.16)
Es ist das Licht der Lichter. Es wird jenseits der
Finsternis weilend genannt. Das Wissen, das Objekt des Wissens und das Ziel des
Wissens: Es ruht in den Herzen aller. (Siehe
18.61) (13.17)
DIE
FRUCHT DER ERKENNTNIS
So ist nun das Feld, das Wissen und das Objekt des
Wissens in Kürze beschrieben worden. Wer mir hingegeben ist und dies versteht,
wird meines Zustandes würdig werden. (13.18)
NATUR
UND GEIST
Wisse, daß prakrti
(Natur) und puruşa (Seele) beide
anfanglos sind; und wisse auch, daß die Gestaltungen und die Erscheinungsweisen
aus der prakrti (Natur) geboren
werden. Die Natur gilt als Ursache von Wirkung, Werkzeug und Täter (sein); die
Seele gilt als Ursache hinsichtlich des Erlebens von Freude und Scherz.
(13.19-20)
Die Seele genießt in der prakrti die Erscheinungsweisen der Natur. Ihr Hangen an
den Erscheinungsweisen ist die Ursache für ihre Geburten in gutem oder
schlechtem Mutterschoße. (13.21)
Der höchste Geist in diesem Körper wird der Zuschauer,
der Zulasser, der Erhalter, der Genießer, der große Herr und das höchste Selbst
genannt. (13.22)
Wer so die Seele (puruşa)
und die Natur (prakrti) zusammen mit
den Erscheinungsweisen kennt, wird nicht wiedergeboren, obschon er in jedem
Falle handelt. (13.23)
VERSCHIEDENE
WEGE ZUR ERLÖSUNG
Manche shauen das Selbst durch das Selbst in dem Selbst
mittels der Meditation; andere mittels des Wissenspfades und andere wieder
mittels des Werkpfades. (13.24)
Noch andere, die dessen (dieser Yoga-Pfade) unkundig
sind, hören von anderen und üben Verehrung; und auch sie überqueren den Tod
mittels ihrer Hingabe an das, was sie gehört haben. (13.25)
Welches Wesen, beweglich oder unbeweglich, auch immer
geboren wird, wisse, o bester der Bharatas (Arjuna), daß es aus der Vereinigung
des Feldes mit dem Kenner des Feldes (entsprungen) ist. (Siehe 7.06) (13.26)
Wer in allen Wesen in gleicher Weise
den höchsten Herrn wohnen sieht, der unvergänglich ist, während sie vergehen,
dieser sieht in Wahrheit. (13.27)
Denn, da er den Herrn überrall in gleicher Weise
gegenwärtig sieht, verletzt er sein wahres Selbst nicht durch das Selbst und
gelangt so zum höchsten Ziele. (13.28)
Wer einsieht, daß alle Handlungen nur von der Natur (prakrti) vollzogen werden, und ebenso,
daß das Selbst nicht der Täter ist, dieser sieht in Wahrheit. (Siehe 3.27, 5.09, und 14.19) (13.29)
Wenn er einsieht, daß das (vielfältige) Einzelsein der
Wesen inmitten des einen gelagert ist und sich von ihm her ausbreitet, erlangt
er das Brahman. (13.30)
Da dieses unvergängliche höchste Selbst ohne Anfang, ohne
Eigenschaften ist, handelt es nicht, o Sohn der Kunti (Arjuna), noch wird es
befleckt, obgleich es im Körper verweilt. (13.31)
Wie der alldurchdringende Äther auf Grund seiner Feinheit
nicht befleckt wird, so erleidet auch das Selbst, das in jedem Körper vorhanden
ist, keine Befleckung. (13.32)
Wie die eine Sonne diese ganze Welt erleuchtet, so
erleuchtet der Herr des Feldes dieses ganze Feld, o Bhârata (Arjuna). (13.33)
Wer so mit dem Auge der Weisheit den
Unterschied zwischen dem Felde und dem Kenner des Feldes und die Erlösung der
Wesen aus der Natur (prakrti)
wahrnimmt, dieser gelangt zum Höchsten. (13.34)
Dies ist das dreizehnte Kapitel, genannt: Der Yoga der
Unterscheidung zwischen dem Felde und dem Kenner des Feldes.
14. DER MYSTISCHE
VATER ALLER WESEN
DAS
HÖCHSTE WISSEN
Der Erhabene sagte: Ich will dir ferner jene höchste Weisheit,
die beste aller Wissenschaften, erklären, durch deren Kenntnis alle Weisen aus
dieser Welt in die höchste Vollendung hinübergegangen sind. (14.01)
Indem sie zu diesem Wissen ihre Zuflucht genommen haben und mit mir wesengleich
geworden sind, werden sie zur Schöpfungszeit nicht wieder geboren, noch werden
sie zur Zeit der Weltauflösung in Bestürzung geraten. (14.02)
Das große Brahman (prakrti) ist mein Mutterschoß: in dieses lege ich den Samen, und
aus ihm geht die Geburt aller Lebewesen hervor, o Bhârata (Arjuna). (Siehe 09.10) (14.03)
Was für Gestalten auch immer in irgendwelchen
Mutterschößen entstehen mögen, das große Brahman ist ihr Mutterschoß, o Sohn
der Kuntî (Arjuna), und ich bin der den Samen spendende Vater. (14.04)
GÜTE,
LEIDENSCHAFT UND TRÄGHEIT
Die drei aus der Natur (prakrti) entstandenen Erscheinungsweisen
(guna), Güte (sattva), Leidenschaft (rajas)
und Tätigkeit (tamas) halten, o
Starkarmiger (Arjuna), den unvergänglichen Körperbewohner im Körper
festgebunden. (14.05)
Unter diesen ruft die Güte (sattva), da sie rein ist, Erleuchtung und Leidlosigkeit hervor. Sie
bindet durch Hangen am Glück und durch Hangen am Wissen, o Schuldloser. (14.06)
Die Leidenschaft (rajas), wisse, besitzt des Wesen der
Anziehung und entspringt aus Begehren und Anhänglichkeit. Durch Hangen an dem
Werke bindet sie, o Sohn der Kuntî (Arjuna), den Verkörperten fest. (14.07)
Aber die Trägheit (tamas),
wisse, ist aus der Unwissenheit geboren und verblendet alle verkörperten Wesen.
Sie bindet, o Bhârata (Arjuna), indem (sie die Eigenschaften) der
Nachlässigkeit, der Faulheit und des Schlafes (zur Entfaltung bringt). (14.08)
Güte verhaftet (den Menschen) an das Glück, Leidenschaft
an das Handeln, aber die das Wissen verhüllende Trägheit, o Bhârata (Arjuna),
verhaftet den Menschen an die Nachlässigkeit. (14.09)
Güte herrscht vor, wenn diese, o Bhârata (Arjuna), die
Leidenschaft und die Trägheit überwältigt, Leidenschaft herrscht vor, (wenn
diese) die Güte und die Trägheit (überwältigt), und ebenso herrscht Trägheit vor,
(wenn diese) die Güte und die Leidenschaft (überwältigt). (14.10)
Wenn in alle Tore des Körpers das Licht des Wissens
einströmt, dann möge man wissen, daß die Güte zugenommen hat. (14.11)
Gier, Betriebsamkeit, Unternehmung von Werken, Unruhe und
Begehren: diese erheben sich, wenn, o bester der Bharatas (Arjuna), das rajas zunimmt. (14.12)
Nicht-Erleuchtung, Untätigkeit, Nachlässigkeit und reine
Verblendung: diese entstehen, wenn, o Freude der Kurus (Arjuna), die Trägheit
zunimmt. (14.13)
Wenn die verkörperte Seele zur Auflösung gelangt, während
die Güte vorherrscht, geht sie in die reinen Welten derjenigen ein, die das
Höchste wissen. (14.14)
Wenn sie zur Auflösung gelangt, während die Leidenschaft
vorherrscht, wird sie unter Werkfreudigen wiedergeboren; wenn sie sich auflöst,
während die Trägheit vorherrscht, wird sie in den Mutterschößen der Verblendeten wiedergeboren. (14.15)
Die Frucht guter Handlung gilt als güte-artig und rein;
die Frucht der Leidenschaft ist Leiden, die Frucht der Trägheit ist Unwissen.
(14.16)
Aus Güte entsteht Wissen, und aus Leidenschaft entsteht
Begierde; Nachlässigkeit und Irrtum, ebenso auch Unwissenheit, entstehen aus
der Trägheit. (14.17)
Die in der Güte gegründet sind, steigen empor; die
Leidenschaftsvollen verbleiben in den mittleren (Bereichen); die Trägen, die in
das Geschehen der niedrigsten Erscheinungsweise getaucht sind, sinken nach
unten. (14.18)
Wenn der Betrachter keinen anderen Täter als die
Erscheinungsweisen wahnimmt und auch jenes kennt, was hinter den Erscheinungsweisen
liegt, gelangt er zu meinem Sein. (Siehe
03.27, 05.09, und 13.29) (14.19)
Erhebt sich die Seele über diese drei
aus dem Körper entspringenden Erscheinungsweisen, so wird sie von Geburt, Tod,
Alter und Leiden befreit und erlangt ewiges Leben. (14.20)
DAS
WESEN DES JENSEITS DER DREI ERSCHEINUNGSWEISEN STEHENDEN MENSCHEN
Arjuna sagte: Durch welche Merkmale, o Herr, ist einer
gekennzeichnet, welcher sich über die drei Erscheinungsweisen erhoben hat? Welcher
Art ist sein Leben? Wie gelangt er über die drei Erscheinungsweisen hinaus?
(14.21)
Der Erhabene sagte: Wer, o Pândava (Arjuna), Erleuchtung,
Tätigkeit und Verblendung nicht verabscheut, wenn sie eintreten, noch nach
ihnen begehrt, wenn sie aufhören, wer wie ein Gleichgültiger dasitzt, von den
Erscheinungsweisen ungestört, wer abseits steht, ohne zu schwanken, wissend,
daß es nur die Erscheinungsweisen sind, welche handeln, (14.22-23)
Wer Schmerz und Freude für gleich erachtet, in seinem
eigenen Selbst wohnt, wer einen Erdklumpen, einen Stein, ein Stück Gold, als
gleichwertig ansieht, wer bei Angenehmem und Unangenehmem derselbe bleibt,
starken Sinnes ist, Tadel und Lob für einerlei hält, wer in Ehre und Unehre
derselbe bleibt, derselbe gegen Freude und Feinde, wer alle Unternehmungen
aufgegeben hat, der gilt als einer, der sich über die Erscheinungsweisen
erhoben hat. (14.24-25)
Wer mir mit unerschütterlicher,
liebender Hingabe dient, erhebt sich über die drei Erscheinungsweisen; er ist
tauglich, zum Brahman zu werden. (Siehe
07.14 und 15.19) (14.26)
Denn ich bin die Wohnstätte Brahmans, des Unsterblichen
und des Unvergänglichen, des ewigen Gesetzes und der vollkommenen Wonne.
(14.27)
Dies ist das vierzehnte Kapitel, genannt: Der Yoga der
Unterscheidung der drei Erscheinungsweisen.
15. DER BAUM DES
LEBENS
DER
KOSMISCHE BAUM
Der Erhabene sagte: Man spricht von dem unvergänglichen
Aśvattha (Pipal-Baum), der seine Wurzeln oben und seine Zweige unten hat.
Seine Blätter sind die Veden, und wer dies weiß, ist ein Kenner der Veden.
(15.01)
Seine von den Erscheinungsweisen genährten Äste
erstrecken sich nach unten un nach oben und haben die Sinnesobjekte als Zweige;
und untem, in der Menschenwelt, breiten sich die Wurzeln aus, die zu Handlungen
führen. (15.02)
Seine wirkliche Gestalt kann hier nicht dieser From
wahrgenommen werden, auch nicht sein Ende, noch sein Anfang, noch seine
Grundlage. Nachdem man diesen stark verwurzelten Aśvattha (Pipal Baum) mit
dem mächtigen Schwerte der Nicht-Anhänglichkeit gefält hat, soll man darnach
jenen Pfad aufsuchen, von welchem nimmer zurückkehrt, wer ihn erreicht hat,
denkend: „Ich nehme meine zuflucht zum Ur-puruşa,
von dem dieser alte Weltenstrom (die kosmische Entwicklung) ausgegangen ist.“
(15.03-04)
Wer frei von Stolz und Verblendung ist,
das Übel des Anhangens überwunden hat, wer, die Begierden beruhigend, sich
stets dem höchsten Geiste hingibt, wer von den Gegensätzen, die wir mit Freude
und Schmerz benennen, befreit und unverblendet ist, der geht in den ewigen Zustand
ein. (15.05)
DAS
OFFENBARE LEBEN IST NUR EIN TEIL
Diese erleuchten weder die Sonne noch der Mond noch das
Feuer. Das ist meine höchste Wohnstätte, von welcher nimmer zurückkehrt, wer
sie erreicht hat. (15.06)
DER
HERR ALS DAS LEBEN DER WELT
Ein Teil (oder Bruchstück) meines
eigenen Selbst, welcher in der Welt des Lebens zur lebendigen, ewigen Seele
geworden ist, zieht die in der Natur ruhenden Sinne, deren sechster das
Denkorgan ist, an sich. (15.07)
Wenn der Herr seinen Körper annimmt und
ihn wieder verläßt, nimmt er diese (die Sinne und das Denkorgan) und geht
dahin, wie der Wind die Düfte fortträgt von ihren Orten. (Siehe 02.13) (15.08)
Er genießt die Sinnesobjekte, indem er sich des Ohrs, des
Auges, des Tastsinnes, des Geschmacks, des Geruchs und des Denkorgans bedient.
(15.09)
Wenn er ausgeht oder verweilt oder, von den
Erscheinungsformen berührt, genießt: die Verblendeten sehen ihn (die
innewohnende Seele) nicht, wohl aber sehen (ihn) jene, welche das Auge der
Weisheit besitzen (oder deren Auge die Weisheit ist). (15.10)
Auch die sich abmühenden Weisen schauen ihn als im Selbst
gegründet, aber die Unverständigen, deren Seelen ungebändigt sind, finden ihn
nicht, obgleich sie sich bemühen.(15.11)
Jenen Glanz der Sonne, der diese ganze Welt erleuchtet,
den, der im Monde ist, den, der im Feuer ist, jenen Glanz erkenne als den
meinen. (Siehe 13.17 und 15.06) (15.12)
Und ich erhalte
alle Wesen durch meine lebenspendende Kraft, indem ich in die Erde eingehe; und
ich nähre alle Kräuter (oder Pflanzen), indem ich zum saftreichen Soma (Mond)
werde. (15.13)
Indem ich in den
Körpern der lebendigen Geschöpfe zum Lebensfeuer werde und mich mit den
Aushauchen und Einhauchen vermische, verdaue ich die vier Arten der Nahrung.
(15.14)
Und ich wohne in den Herzen aller; von mir stammen Erinnerung
und Wissen sowie deren Verlust. Ich bin es, fürwahr, der durch alle Veden zu
erkennen ist. Ich (bin), fürwahr, der Urheber des Vedânta und auch der Kenner
der Veden. (Siehe 06.39) (15.15)
DIE
ALLERHÖCHSTE PERSON
Es gibt zwei
Personen auf der Welt; die vergängliche und die unvergängliche; die
vergängliche sind alle diese Wesen, und die unveränderliche ist die
unvergängliche. (15.16)
Ein anderer als diese
aber ist der höchste Geist, der als das höchste Selbst bezeichnet wird und als
unvergänglicher Herr in die drei Welten eingeht und sie erhält. (15.17)
Da ich das Vergängliche übersteige und höber selbst als das
Unvergängliche bin, werde ich in der Welt und im Veda als die höchste Person (puruşottama) gefeiert. (15.18)
Wer mich in
dieser Weise unverblendet als die höchste Person erkennt, der weiß alles und
verehrt mich mit seinem ganzen Wesen (seinem ganzen Geiste), o Bhârata
(Arjuna). (Siehe 07.14, 14.26, und 18.66) (15.19)
So habe ich dir,
o Schuldloser, nun die höchst geheime Lehre dargelegt. Ein Mensch, der dieselbe
kennt, wird weise und gelangt zur Erfüllung aller seiner Pflichten, o Bhârata
(Arjuna). (15.20)
Dies
ist das fünfzehnte Kapitel, genannt: Der Yoga der höchsten Person.
16. DIE NATUR DES
GOTTGLEICHEN
IND DES DÄMONISCHEN
GEISTES
DIE
GOTTGLEICHEN
Der Erhabene sagte: Furchtlosigkeit, Reinheit des
Geistes, kluge Verteilung von Wissen und Versenkung, Mildtätigkeit,
Selbstbeherrshung und Opfer, Studium der Schriften, Askese und Aufrichtigkeit,
Gewaltlosigkeit, Wahrheit, Nicht-Zürnen, Entsagung, Ruhe, Nicht-Verleumdung,
Mitleid mit den Geschöpfen, Begierdelosigkeit, Milde, Bescheidenheit und
Beständigkeit (Nicht-Wankelmütigkeit), Kraft, Vergebung, Stärke, Reinheit,
Nicht-Böswilligkeit und Nicht-Hochmut: dies (sind die Anlagen) dessen, der mit
göttlicher Natur geboren wurde. (16.1-3)
DIE
DÄMONISCHEN
Prahlsucht, Anmaßung, Überheblichkeit, Zorn, Rauheit und
Unwissen: dies (sind die Anlagen) dessen, der mit dämonischer Natur geboren
wurde. (16.04)
DIE
FOLGEN DIESER BEIDEN NATUREN
Die göttlichen Anlagen führen, so heißt es, zur Erlösung,
die dämonischen zur Bindung. Sei nicht betrübt, o Pândava (Arjuna), du bist mit
göttlichen Anlagen (für ein göttliches Geschick) geboren. (16.05)
DIE
NATUR DER DÄMONISCHEN
Es gibt zwei Arten von Geschöpfen in der Welt; die
göttlichen und die dämonischen. Die Göttlichen sind ausführlich beschrieben
worden. Vernimm von mir, o Pârtha (Arjuna), über die Dämonischen. (16.06)
Die Dämonischen wissen nichts vom Weg des Handelns und
nichts vom Weg der Entsagung. Es fnden sich in ihnen weder Reinheit noch gutes
Betragen noch Wahrheit. (16.07)
Sie behaupten, daß die Welt unwirklich sei, ohne Grundlage,
ohne Herrn, in keiner geordneten kausalen Abfolge entstanden, kurz: duch
Begierde verursacht. (16.08)
An dieser ihrer Ansicht festhaltend, erheben sich diese
verlorenen Seelen, deren Einsicht schwach und deren Taten grausam sind, als die
zur Zerstörung gereichenden Feinde der Welt. (16.09)
Unersättlichen Begierden verfallend, von Heuchelei,
Hochmut und Anmaßung erfült, aus Verblendung falsche Ansichten fassend, handeln
sie nach unreinen Entschlüssen. (16.10)
Von unzähligen Sorgen bedrängt, die nur mit (ihrem)Tode
ein Ende fänden, die Befriedigung der Begierden als ihr höchstes Ziel
erachtend, überzeugt, daß dieses alles sei, (16.11)
von hundert Banden der Begierden gebunden, der Wollust
und dem Zorne hingegeben, trachten sie darnach, durch unrechte Mittel Massen
von Reichtümern anzuhäufen, um ihre Begierden zu befriedigen. (16.12)
„Dies habe ich heute gewonnen; diesen Wunsch werde ich
erlangen; dieses Gut ist mein und dieses wird (künftighin) auch mein sein.
(16.13)
Ich habe diesen Feind getötet und werde auch noch andere
töten. Ich bin Herr, ich bin der Genießer, ich habe Erfolg, bin mächtig und
glückich. (11.14)
Ich bin reich und wohlgeboren. Wer ist es, der mir
gleicht? Ich werde opfern, ich werde schenken, ich werde froh sein“, so
sprechen sie, von Unwissenheit verblendet. (16.15)
Von vielen Gedanken verwirrt, in die Maschen der
Verblendung verstrickt und der Befriedigung ihrer Sinne verschworen, fallen sie
in eine schmutzige Hölle. (16.16)
Eingebildet, eigensinnig, von Stolz und dem Dünkel des
Reichtums erfüllt, vollziehen sie Opfer, die dies nur ihrem Namen nach sind,
prahlerisch und ohne auf Regeln zu achten. (16.17)
Der Selbstsucht, der Gewalt, dem Stolze, der Wollust und
dem Zorne hingegeben, verachten mich diese böswilligen Menschen, der ich in
ihnen selbst und in anderen wohne. (16.18)
In (diesem Kreislauf der) Geburten und (der) Tode stoße
ich diese Übeltäter, diese grausamen Hasser, die niedrigsten unter den
Menschen, ununterbrochen in die Mutterschöbe der Dämonen. (16.19)
In die Mutterschöße der Dämonen gefallen, von Geburt zu
Geburt verblendet, erreichen mich, o Sohn der Kunti (Arjuna) diese Wesen nicht,
sondern sinken in den niedersten Zustand hinab.(16.20)
DIE
DREIFACHE PFORTE ZUR HÖLLE
Diese Pforte zur Hölle, welche die Seele zerstört, ist
dreifach: Wollust, Zorn und Gier. Daher soll man diese drei aufgeben. (16.21)
Der Mensch, welcher von diesen, den drei Pforten zur
Dunkelheit, erlöst ist, tut, was zum Heile seiner Seele gereicht, und gelangt
hierauf, o Sohn der Kunti (Arjuna), in den höchsten Zustand. (16.22)
DIE
ALTEN SCHRIFTEN ALS RICHTSCHNUR UNSERER PFLICHTEN
Wer sich jedoch der in den Schriften enthaltenen Gezetze
entledigt und handelt, wie es seine Begierden eingeben, dieser erlangt weder Vollendung
noch Glück noch das höchste Ziel. (16.23)
Darum möge in der Bestimmung dessen, was getan und was
nicht getan werden soll, die Schrift dein Maßstab sein. Wissend, was durch die
Gesetze der Schrift vorgezeichnet ist, sollst du dein Werk auf dieser Erde
vollbringen. (16.24)
Dies ist das sechzehnte Kapitel, genannt: Der Yoga der
Unterscheidung zwischen den göttlichen und den dämonischen Anlagen.
17. DIE DREI
ERSCHEINUNGSWEISEN,
AUF RELIGIÖSE
PHÄNOMENE ANGEWENDET
DIE
DREI ARTEN DES GLAUBENS
Arjuna sagte: Welche Stellung, o Kŗşna, nehmen
jene ein, welche die Anordnungen der Schriften vernachlässigen, aber, von
Glauben erfüllt, Opfer darbringen? Ist es eine solche der Güte, der
Leidenschaft oder der Trägheit? (17.01)
Der Erhabene sagte: Der Glaube der Verkörperten ist von
dreierlei Art, da er aus ihrer Natur entspringt: gut, leidenschaftlich und
träge. Höre nun darüber. (17.02)
Der Glaube eines jeden Menschen stimmt, o Bhârata
(Arjuna), mit seiner Natur überein. Der Mensch wird von der Natur seines Glaubens
geprägt: Wie sein Glaube ist, so ist,
fürwahr, auch er. (17.03)
Die guten Menschen verehren die Götter, die
leidenschaftlichen verehren die Halbgötter und die Dämonen, und die anderen,
die Trägen, verehren die Geister und die Gespenster. (17.04)
Jene Menschen, welche eitel und selbstsüchtig sind, von
der Macht der Lust und der Leidenschaft angetrieben werden, eine furchtbare,
von den Schriften nicht angeordnete Askere verrichten, diese Törichten bedrängen die Gruppe der
Elemente in ihrem Körper und mich auch, der im Körper wohne. Wisse, daß ihre
Entschlüsse dämonisch sind. (17.05-06)
DREI
ARTEN DER NAHRUNG
Auch die Nahrung, die jedem lieb ist, ist von dreierlei
Art. Ebenso die Opfer, die Askese und die Schenkungen. Vernimm ihre
Unterscheidung. (17.07)
Die Nahrungsmittel, welche das Leben, die Lebenskraft,
die Stärke, die Gesundheit, die Freude und die Fröhlichkeit fördern, welche
süß, milde, nahrhaft und angenehm sind, werden von den „Guten“ geliebt. (17.08)
Die Nahrungsmittel, welche bitter, sauer, salzig, sehr
heiß, stechend, raub und brennend sind und Schmerz, Kümmernis und Unbehagen
hervorrufen, werden von den „Leidenschaftlichen“ geliebt. (17.09)
Was verdorben, geschmacklos, faul, abgestanden,
übriggeblieben und unrein ist, stellt die von den „Trägen“ geliebte Nahrung
dar. (17.10)
DREI
ARTEN DES OPFERS
Jenes Opfer ist „gut“, welches dem Gesetze der Schrift
entsprechend von solhen dargebracht wird, die keinen Lohn erwarten und fest
daran glauben, daß es ihre Pflicht ist, ein Opfer zu vollziehen. (17.11)
Was jedoch in Erwartung eines Lohnes oder um sich zur
Schau zu stellen, geopfert wird, wisse, o bester der Bhâratas (Arjuna), daß ein
solches Opfer „leidenschaftlich“ ist. (17.12)
Das Opfer, welches nicht mit dem Gesetz übereinstimmt, in
welchem keine Nahrung gespendet wird, keine Hymnen gesungen und keine
Opfergelder gezahlt werden, welches glaubensleer ist, nennt man „töricht“.
DREI
ARTEN DER ASKESE
Verehrung der Götter, der Zweimal-Geborenen, der Lehrer und
der Weisen, Reinheit, Aufrichtigkeit, Enthaltsamkeit und Gewaltlosigkeit: dies
gilt als Askese des Körpers. (17.14)
Ein nicht verletzendes, wahrhaftes,
angenehmes und nutzbringendes Äußern (von Worten) und regelmäßiges Rezitieren
des Veda: dies gilt als Askese der Rede. (17.15)
Heiterkeit des geistes, Sanftheit, Stille,
Selbstbeherrschung, Reinheit des Gemüts: dies wird Askese des Geistes genannt.
(17.16)
Diese dreifache Askese nennt man „gut“, wenn sie von
Menschen ausgeglichenen Geistes, die keinen Lohn erwarten, in höchstem Glauben
ausgeführt wird. (17.17)
Jene Askese, die geübt wird, um Achtung, Ehre und
Verehrung zu gewinnen oder sich zur Schau stellen zu können, wird
„leidenschaftlich“ genannt; sie ist unbeständig und ohne Dauer. (17.18)
Jene Askese, die sich in törichter Hartnäckigkeit
selbstquälerischer Mittel bedient oder andere zu benachteiligen sucht, wird
„töricht“ genannt. (17.19)
DIE
DREI ARTEN VON GABEN
Eine Gabe, die man jemandem überreicht, ohne ihre
Rückgabe zu erwarten, fühlend, daß man sie zu geben verpflichtet sei, und die
an einem rechten Orte und zu rechter Zeit und einer würdigen Person gegeben
wird, eine solche Gabe wird als „gut“ erachtet. (17.20)
Eine Gabe aber, die in Hoffnung auf
eine Gegengabe oder in Erwartung eines zukünftigen Gewinnes oder mit Kummer
gegeben wird, hält man für „leidenschaftlich“. (17.21)
Und eine Gabe, die an einem unrechten Orte oder zu
unrechter Zeit oder einer unwürdigen Person ohne die richtige Form und mit
Verachtung gegeben wird, eine solche wird als „töricht“ bezeichnet. (17.22)
DER
MYSTISCHE SPRUNCH: OM TAT SAT
„Om Tat Sat“ – dies wird als das dreifache Symbol des
Brahman angesehen. Durch dieses wurden einst die Brahmanen, die Veden und die
Opfer eingesetzt (17.23)
Die Erklärer des Brahman unternehmen daber die in den
Schriften vorgeschriebenen Handlungen des Opfers, des Schenkens und der Askese
immer mit dem Aussprechen des Wortes „om“. (17.24)
Und die nach Erlösung suchen, vollziehen die Handlungen
des Opfers und der Askese un die verschiedenen Handlungen des Schenkens mit dem
Aussprechen des Wortes „tat“, ohne nach dem Lohn zu begehren. (17.25)
Das Wort „sat“ wird in der Bedeutung Wirklichkeit und
Güte verwendet; und so wir, o Pârtha (Arjuna), das Wort „sat“ auch für eine
lobwürdige Handlung gebraucht. (17.26)
Die Beharrlichkeit im Opfer, in der Askese und im Geben
wird gleichfalls „sat“ genannt, und so wird auch jede zu solchen Zwecken
ausgeführte Handlung „sat“ genannt. (17.27)
Welches Opfer oder welche Gabe auch
immer dargebracht wird, welche Askese auch immer betrieben, welche Zeremonie
auch immer vollzogen wird, man nennt sie, o Pärtha (Arjuna), „asat“, wenn es
ohne Glauben geschieht; sie haben weder später noch hier auf Erden irgendeine
Bedeutung. (17.28)
Dies ist das siebzehnte Kapitel, genannt: Der Yoga der
dreifachen Einteilung des Glaubens.
18. ENTSAGUNG SOLL
NICHT AN DEN WERKEN, SONDERN AN DEN FRÜCHTEN DER WERKE GEÜBT WERDEN
Arjuna sagte: Ich wünsche, o Starkarmiger
(Kŗşna), das wahre Wesen des Verzichts und, o Hŗşikeśa
(Kŗşna), der Entsagung im einzelnen zu erkennen, o
Keśinişûdana (Kŗşna). (18.01)
Der Erhabene sagte: Unter Verzicht
versteht der Weise das Aufgeben aller von der Begierde eingegebenen Werke.
Entsagung, so erklären die Gelehrten, ist das Aufgeben der Früchte aller Werke.
(Siehe 5.01, 5.05, und 6.01) (18.02)
Einige gelehrte Männer sagen: „Das Handeln ist als etwas
Übles aufzugeben“; andere erklären, daß „die Handlungen des Opfers, des Gebens
und der Askese nicht aufzugeben“ sind. (18.03)
Vernimm nun von mir, o bester der Bharatas (Arjuna), die
Wahrheit über Entsagung: Die Entsagung, o bester der Männer (Arjuna), ist als
von dreifacher Art verkündet worden. (18.04)
Handlungen des Opfers, des Gebens und der Askese sind
nicht aufzugeben, sondern durchzuführen. Denn Opfer, Gaben und Askese sind die
Läuterer des Weisen. (18.05)
Aber auch diese Werke sind auszuführen, indem
Anhänglichkeit und Begierde nach den Früchten aufgegeben werden. Dies, o Pârtha
(Arjuna), ist meine entschiedene und endgültige Meinung. (18.06)
Der Verzicht auf irgendeine Pflicht, die erfüllt werden
soll, ist wahrlich nich richtig. Das aus Unwissenheit erfolgende Aufgeben
derselben wird als seiner Natur nach „töricht“ bezeichnet. (18.07)
Wer eine Pflicht aufgibt, weil sie schmerzvoll ist, oder
aus Furcht vor körperlichem Leiden, der vollzieht allein das „leidenschaftliche“
Entsagen und gewinnt den Lohn der Entsagung nicht. (18.08)
Wer aber, aller Anhänglichkeit und aller Furcht
entsagend, eine vorgeschriebene Pflicht ausführt, weil sie getan werden soll,
dessen Entsagung wird für eine „gute“ Entsagung gehalten. (18.09)
Der weise Mann, der entsagt, dessen Zweifel zerstreut
sind, der die Natur der „Güte“ besitzt, kennt keine Abneigung vor unangenehmer
Handlung und kein Anhangen an angenehmer Handlung. (18.10)
Es ist jedem verkörperten Wesen in der
Tat unmöglich, ganz und gar auf das Handeln zu verzichten. Wer aber die Frucht
des Handelns aufgibt, der wird ein Entsagender genannt. (18.11)
Angenehm, unangenehm und gemischt: dreifach ist die
Frucht des Handelns, die denjenigen nach dem Tode erwächst, die nicht entsagt
haben. Für jene, die verzichtet haben, gibt es keine. (18.12)
HANDELN
IST SACHE DER NATUR
Erfahre von mir, o Starkarmiger (Arjuna), diese fünf
Faktoren, die in der Sâmkhya-Lehre verkündet wurden und das Zustandekommen
aller Handlungen bewirken: der Sitz der Handlung und ebenso der Handelnde, die
verschiedenartigen Instrumente, die mannigfachen Anstrengungen und die
Vorsehung als das fünfte. (18.13-14)
Was für eine Wandlung auch immer ein Mensch mit seinem
Körper, seiner Rede und seinem Geiste unternimmt, sei sie recht oder unrecht:
diese fünf sind ihre Faktoren. (18.15)
Welcher Mensch verkehrten Sinne sich unter solchen
Umständen als einzigen Täter betrachtet, der sieht, da sein Verstand ungebildet
ist, nicht (richtig). (18.16)
Wer frei ,von Selbst-Sinn ist, wessen Verstand nicht
befleckt wird, der, mag er auch diese Leute töten, tötet (doch) nicht und wird
(durch seine Taten) nicht gebunden. (18.17)
ERKENNEN
UND HANDELN
Das Erkennen, das Objekt des Erkennens und das erkennende
Subjekt bilden den dreifachen Antrieb zum Handeln; das Instrument, die Handlung
und der Handelnde bilden die dreifache Zusammensetzing der Handlung. (18.18)
In der Wissenschaft von den Erscheinungsformen gelten
Erkennen, Handlung und Handelnder als von dreierlei Art entsprechend dem Unterschiede
in den Erscheinungsformen. Auch von diesen sollst du gebührlich hören. (18.19)
DIE
DREI ARTEN DES ERKENNENS
Die Erkenntnis, durch welche man die eine unvergängliche
Wesenheit in allen Wesen erblickt, ungeteilt in den geteilten, diese Erkenntnis,
wisse, ist von der Art der „Güte“. (Siehe
11.13, und 13.16) (18.20)
Die Erkenntnis, welche in den verschiedenen Geschöpfen
auf Grund ihres Einzelseins eine Vielheit von Wesen erblickt, diese Erkenntnis,
wisse, ist von der Art der „leidenschaft“. (18.21)
Was sich aber an eine einzige Wirkung, als wäre sie das
Ganze, klammert, ohne Rücksicht auf die Ursache, ohne das Wirkliche zu
erfassen, und in engstirniger Weise, dies wird als von „törichter“ Natur
bezeichnet. (18.22)
DIE
DREI ARTEN DER WERKE
Eine Handlung, die verpflichtend ist, die von einem micht
nach der Frucht Verlangenden ohne Anhänglichkeit, ohne Liebe oder Haß
verrichtet wird, gilt ihrer Natur nach als „gut“. (18.23)
Eine Handlung aber, die in großer Anstrengung von
jemandem getan wird, der seine Begierden zu befriedigen trachtet oder vom
Ich-Sin angetrieben wird, nennt man ihrer Natur nach „leidenschaftlich“.
(18.24)
Eine Handlung, die aus Unwissenheit unternommen wird,
ohne auf die Folgen, auf Verlust, Schaden und eigene menschliche Fähigkeit Rücksicht
zu nehmen, gilt als von „törichter“ Art. (18.25)
DIE
DREI ARTEN DES HANDENDEN
Den Handelnden, der frei von Anhänglichkeit ist keine
ichsüchtigen Reden führt, voll von Entschußkraft und Eifer ist und von Erfolg
oder Fehlschlag nicht bewegt wird, nennt man seiner Natur nach „gut“. (18.26)
Den Handelnden, der von Leidenschaft beherrscht wird, der
gierig nach der Frucht seiner Werke strebt, der von verletzendem Wesen und
unrein ist, der von Freude und Leid bewegt wird, nennt man seiner Natur nach „leidenschaftlich“.
(18.27)
Den Handelnden, der ohne Gleichgewicht, gemein,
eigensinnig, betrügerisch, böswillig, faul, verzagt und säumig ist, nennt man
seiner Natur nach „trâge“. (18.28)
DIE
DREI ARTEN DER VERNUNFT
Höre nun, o Schätzegewinner (Arjuna), die entsprechend
den Erscheinungswesen dreifache Unterscheidung der Vernunft und der Festigkeit,
die ich vollständig und im einzelnen darlegen will. (18.29)
Die Vernunft, welche weiß, was Handeln und Nicht-Handeln,
was zu tun und was nicht zu tun ist, was zu fürchten und was nicht zu fürchten
ist, was bindet und was (die Seele) befreit, (diese Vernunft), o Pârtha
(Arjuna), ist ihrer Natur nach „gut“. (18.30)
Jene (Vernunft), durch welche man das Rechte und das
Unrechte, was zu tun und was nicht zu tun ist, in falscher Weise erkennt, diese
Vernunft, o Pârtha (Arjuna), ist ihrer Natur nach „leidenschaftlich“. (18.31)
Jene (Vernunft), welche, in Dunkelheit gehüllt, das
Unrechte für das Rechte hält und alle Dinge verkehrt (der Wahrheit
entgegengesetzt) sieht, diese Vernunft, o Pârhta (Arjuna), ist ihrer Natur nach
„töricht“. (18.32)
DIE
DREI ARTEN DER FESTIGKEIT
Die unerschütterliche Festigkeit, mittels welcher man
durch Konzentration die Tätigkeiten des Geistes, die Atemhauche und die Sinne
bändigt, diese, o Pârtha (Arjuna), ist ihrer Natur nach „gut“.(18.33)
Die Festigkeit, mit welcher man an der Pflicht, an Freude
und Reichtümern festhält, nach der daraus folgenden Frucht verlangend, diese, o
Pârtha (Arjuna), ist ihrer Natur nach „leidenschaftlich“. (18.34)
Die Festigkeit, mit welcher ein Tor nicht von Schlaf,
Furcht, Kummer, Niedergeschlagenheit und Hochmut abläßt, diese, o Pârtha
(Arjuna), ist ihrer Natur nach „töricht“. (18.35)
DIE
DREI ARTEN DES GLÜCKES
Und höre nun von mir, o bester der Bharatas (Arjuna), die
drei Arten des Glückes. Jenes, an dem man sich nach langer Übung zu erfreuen
vermage und in welchem man das Ende seines Kummers erreicht, (18.36)
Jenes Glück, das zuerst wie Gift und schießlich wie
Nektar ist, welches aus einem klaren Verständnis des Selbst entspringt, gilt
als seiner Natur nach „gut“. (18.37)
Jenes Glück, das aus der Berührung der
Sinne mit den Objekten entspringt, und welches zuerst wie Nektar und schießlich
wie Gift ist, solches Glück wird „leidenschatlich“ genannt. (Siehe 05.22) (18.38).
Jenes Glück, welches sowohl anfangs als auch am Ende die
Seele betört und aus Schlaf, Faulheit und Nachlässigkeit entspringt, dieses
(Glück) wird seiner Natur nach „töricht“ geheißen. (18.39)
DIE
EIGENE WESENSNATUR (svabhâva) UND STELLUNG (dharma)
BESTIMMEN
DIE VERSCHIEDENEN PFLICHTEN
Es gibt kein Geschöpf, weder auf Erden noch unter den
Göttern im Himmel, welches frei von den drei aus der Natur entsprungenen
Erscheinungweisen ist. (18.40)
In Übereinstimmung mit den aus ihrer Natur erwachsenen
Eigenschaften unterscheiden sich, o Feindbezwinger (Arjuna), die Tätigkeiten
der Brahmanen, der Kşatriyas, der Vaiśyas und auch der Sûdras
voneinander. (Siehe 04.13) (18.41)
Heiterkeit, Selbstbeherrschung, Askese, Reinheit,
Nachsicht und Aufrichtigkeit, Weisheit, Wissen und religiöser Glaube: dies sind
die aus seiner Natur entsprungenen Pflichten des Brahmanen. (18.42)
Heldentum, Kraft, Standhaftigkeit, Findigkeit,
Durchhalten auch im Kampfe, Großherzigkeit und Führerschaft: dies sind die aus
seiner Natur entsprungenen Pflichten eines Kşatriya. (18.43)
Ackerbau, Viehzucht und Handel sind die aus seiner Natur
entsprungenen Pflichten eines Vaiśya; dienende Arbeit ist die aus seiner
Natur entsprungene Pflicht eines Sûdra. (18.44)
Der Mensch erlangt Vollendung, wenn sich jeder seiner
eigenen Pflicht befleißigt. Auf welche Weise man, sich seiner Pflicht befleißigend,
Vollendung erlangt, dies höre nun. (18.45)
Indem er ihm, aus dem alle Wesen
entstehen und von dem dies alles durchdrungen wird, durch die Ausführung seiner
eigenen Pflicht Verehrung erweist, erlangt der Mensch die Vollendung. (Siehe 09.27, und 12.10) (18.46)
Es ist besser, sein eigenes Gesetz unvollkommen, als das
Gesetz eines anderen vollkommen auszuführen. Wenn man die durch die eigene
Natur gesetzte Pflicht verrichtet, zieht man sich keine Sünde zu. (Siehe 03.35) (18.47)
Man soll das seiner Natur angemessene Werk nicht
aufgeben, mag es auch, o Sohn der Kunti (Arjuna), fehlerhaft sein. Wie das
Feuer vom Rauch, sind alle Unternehmungen von Mängeln umhüllt. (18.48)
KARMAYOGA
UND LETZTE VOLLENDUNG
Er, dessen Verstand nirgendwo haftet, er sein Selbst
bezähmt hat, und dem die Begierde gewichten ist, gelangt durch Entsagung in den
höchsten alles Werk überschreitenden Zustand. (18.49)
VOLLENDUNG
UND BRAHMAN
Vernimm nun von mir in Kürze, o Sohn der Kunti (Arjuna),
wie dieser, nachdem er Vollkommenjeit erlangt hat, zu Brahman, der höchsten
Weisheitsvollendung, gelangt. (18.50)
Mit reinem Verstande ausgestattet, sich mit Stärke
zügelnd, sich abkehrend vom Ton und den übrigen Sinnesobjekten, und Zuneigung
und Abneigung abwerfend, in Einsamkeit verweilend, nur wenig essend, Rede,
Körper und Geist im Zaume haltend, stets in Meditation und Versenkung
befindlich, seine Zuflucht zur Leidenschaftslosigkeit nehmend und Selbst-Sinn,
gewalt, Hochmut, Begierde, Zorn und Besitz abwerfend, wird er, der ichlos und ruhigen
Geistes ist, würdig, mit dem Brahman eins zu werden. (18.51-53)
DIE
HÖCHSTE HINGABE
Ist er mit dem Brahman eins und ruhigen Geistes geworden,
so trauert er nicht mehr und begehrt nicht. Alle Wesen als gleich betrachtend,
erlangt er die höchste Hingabe an mich. (18.54)
Durch Hingabe erkennt er mich, meine
Größe und wer ich in Wahrheit bin. Nachdem er mich in Wahrheit erkannt hat,
geht er alsbald in mich ein. (18.55)
ANWENDUNG
DER LEHRE AUF ARJUNA
Indem er, zu mir seine Zuflucht nehmend, immerdar alle
Werke verrichtet, erreicht er durch meine Gnade die ewige, unvergängliche
Wohnstätte. (18.56)
Im Geiste alle Handlungen an mich
übergebend, mich als den Höchsten betrachtend und festhaltend in der Stârke des
Verstandes, sollst du dein Denken stets auf mich richten. (18.57)
Mein gedenkend, wirst du durch meine Gnade alle
Schwierigkeiten überwinden. Du wirst hingegen zugrundegehen, wenn du aus
Selbstdünkel nicht (auf mich) hören willst. (18.58)
Wenn du, deinem Eigendünkel folgend, denkst: „Ich will
nicht kämpfen“, so ist dieser Entschluß vergeblich. Die Natur wird dich
zwingen. (18.59)
Was du aus Verblendung nicht zu tun begehrst, dies, o
Sohn der Kunti (Arjuna), mußt du, von deinen aus deiner Natur entsprungenen
Taten gefesselt, vollbringen, auch wenn es gegen deinen Willen geht. (18.60)
Der Herr wohnt in den Herzen aller
Wesen, o Arjuna, und treibt sie durch seine Kraft herum, als wären sie auf eine
Maschine gesetzt. (18.61)
Nimm mit deinem ganzen Sein zu ihm deine Zuflucht, o
Bhârata (Arjuna). Durch seine Gnade wirst du den höchsten frieden und die ewige
Wohnung erlangen. (18.62)
So habe ich dir das Wissen dargelegt, das geheimer als
alle Geheimnisse ist. Denke darüber gründlich nach und tue, wie du willst.
(18.63)
LETZTE
AUFFORDERUNG
Höre weiter mein höchstes Wort, das geheimste von allen.
Ich habe dich sehr lieb und werde dir daher sagen, was für dich gut ist.
(18.64)
Richte deinen Geist auf mich; sei mir ergeben; opfere
mir; verehre mich; so wirst du zu mir gelangen. Ich verspreche es dir
wahrhaftig, denn du bist mir lieb. (18.65)
Gib alle Pflichten auf und nimm allein
zu mir deine Zuflucht. Sei nicht betrübt, den ich werde dich von allen Übeln
erlösen. (18.66)
DER
LOHN FÜR DIE BEFOLGUNG DER LEHRE
Du darfst dies niemals
einem sagen, dessen Lebenswandel ohne Askese oder welcher ohne
Frömmigkeit oder ohne Gehorsam ist oder übel von mir spricht. (18.67)
Wer jene, die mir anhangen, dieses
höchste Geheimnis lehrt, der wird, nachdem er mir so die höchste Verehrung
erwiesen hat, ohne Zweifel zu mir gelangen. (18.68)
Niemand ist unter den Menschen, der mir
etwas Lieberes tut als er, noch wird mir ein anderer teurer sein in dieser
Welt. (18.69)
Und wer diese unsere heilige Zwiesprache studiert, der
opfert mir, so denke ich, durch das Opfer des Wissens. (18.70)
Und auch jener Mensch, der sie gläubig und ohne Spott
anhört, auch er wird erlöst in die glückseligen Welten der Rechtschaffenen
eingehen. (18.71)
O Pârtha (Arjuna), hast du dies-mit auf einen Punkt
gerichtetem Denken vernommen? O Schätzegewinner (Arjuna), ist deine durch
Unwissenheit veranlaßte (geistige) Verblendung zerstreut worden? (18.72)
SCHLUSS
Arjuna sagte: Meine Verblendung ist aufgehoben, und ich
habe durch deine Gnade, o Acyuta (Kŗşna), Erkenntnis gewonnen. Ich
stehe fest, von Zweifeln frei. Ich werde nach deinem Worte handeln. (18.73)
Samjaya sagte: So habe ich diese wunderbare, meine Haare
zum Sträuben bringende Zwiesprache zwischen Vâsudeva (Kŗşna) und dem
hochherzigen Pârtha (Arjuna) gehört. (18.74)
Durch die Gnade Vyâsas vernahm ich dieses höchste
Geheimnis, den Yoga, den Kŗşna, der Herr des Yoga, selbst gelehrt
hat. (18.75)
Indem ich mir, o König, immer wieder diese wunderbare und
heilige Zwiesprache zwischen Keśava (Kŗşna) und Arjuna ins
Gedächttnis rufe, werde ich wieder und wieder von freude durchzucht. (18.76)
Und so oft ich mir jene wunderbarste Gestalt des Hari
(Kŗşna) ins Gedächtnis rufe, ist mein Erstaunen groß, und ich werde,
o König, wieder und wieder von Freude durchzuckt. (18.77)
Wo Kŗşna, ist, der Herr des
Yoga, und Pârtha (Arjuna), der Bogenschütze, dort, so meine ich, ist gewiß das
Glück, der Sieg, die Wohlfahrt und die rechte Sitte. (18.78)
Dies ist das achtzehnte Kapitel, genannt: Der Yoga der
Erlösung durch Entsagung.
Hier endet die Bhagavadgitâ-Upanişad.
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[1] Titel der englischen Originalausgabe : The Bhagavadgîtâ. Originalverlag: George Allen & Unwin Ltd., London. Deutsche übersetzt von Siegfried Lienhard.
[2] Aum pârthâya pratibodhitâm bhagavatâ nârâyanena svayam
vyâsena grathitâm purânamuninâ madhye Mahâbhâratâm
advaitâmrtavarsinîm bhagavatîm astâdasadhyâyinim
amba tvâm anusandadhâmi bhagavadgîte bhavadvesinîm.
[3] Samastavedârthasârasamgrahabhûtam… samastapurusârthasiddhim.
SBG., Einleitung.